Karen Köhler
Himmelwärts
„Hast du das gesehen! Hast du?! Nicht? Plötzlich rauschte diese gigantische Sternschnuppe über den Abendhimmel. Diese megagigantische Megagigaultra-Sternschnuppe. Die wunderschönste, beste, gigantischste, sternschnuppigste Sternschnuppe, die ich jemals gesehen habe. … Mir steht immer noch der Mund offen. Ein Zeichen! Von Mama! Ein Zeichen!“
Pommesfreundinnen
Toni ist 10, sie und ihre „Pommesfreundinnen“ dürfen im Garten zelten. „YumYum ist mein bester Nahmensch, sie ist meine Lachenmacherin und Ich-fang-dich-wenn-du-fällst-Freundin. Sie ist meine Ich-kenne-dich-wir-müssen-nicht-reden-Person. YumYum geht auch mit mir zur Buche im Wald, der Ruheforst heißt, und macht Seifenblasen. Sie ist meine Pommesfreundin. Jeder Mensch braucht eine*n Pommesfrend*in, meine Meinung.“
Und eine Freundin, die alles einfach so versteht, braucht Toni gerade für eine wichtige Mission: Kontaktaufnahme mit ihrer an Krebs verstorbenen Mutter. Die beiden Mädchen haben wochenlang Snacks gesammelt und die Bauteile für ein Funkgerät zusammengetragen. Dann geht es los, der Countdown läuft und sie erreichen tatsächlich jemanden, nicht die Mutter, aber sie haben Kontakt zur ISS und reden mit einer Astronautin.
Fragen des Lebens
Die Geschichte der Campingnacht im Garten unterbricht die Autorin immer wieder durch Tonis Notizbucheinträge, in denen ihre Erinnerungen an die Mutter festgehalten sind. Sie hat auch ein sogenanntes „Erinnerungsregal“ mit vielen Objekten zu besonderen Situationen, die sie mit der Mutter erlebt hat. Ihre Trauer wird im Verlauf der Nacht immer spürbarer. Die großen Fragen nach Leben und Tod und nach dem, was das Menschsein ausmacht, werden in dieser Nacht mit Zanna, der Astronautin, verhandelt. Sie haben immer nur ein Zeitfenster von wenigen Minuten, bis die ISS wieder im Weltraum verschwindet. Als der Countdown bei „Null (Komma nix)“ ankommt, schläft YumYum und Tonis Vater kommt in den Garten. Er sieht, dass seine Tochter nicht schläft und legt sich neben sie. Gemeinsam betrachten sie den Sternenhimmel und gestehen einander zum ersten Mal, wie sehr sie die Mutter vermissen – das ist für beide ungeheuer tröstlich.
Wie der Sternenhimmel
Trotz der Schwere des Themas erzählt Karen Köhler mit einer unglaublichen Leichtigkeit, die Sprache ist zärtlich und überrascht immer wieder mit traumhaften Wortspielereien. Bea Davies findet dazu die richtigen Farben - Bilder in verschiedenen Nachtblautönen, über lila zu rot changierend, die uns mit in die Nacht und in den Sternenhimmel nehmen. Ein Roman über die großen Lebensfragen und Ängste für 10-jährige, an dem aber auch Erwachsene ihre Freude haben werden.
(Iris Knappe)
im Februar 2024 ausgezeichnet mit dem LUCHS, Deutschlandfunk-Bestenliste „Die besten 7“
Karen Köhler, *1974 in Hamburg, Schauspielerin, Schriftstellerin und Dramatikerin, seit 2008 schreibt sie für das Kinder- und Jugendtheater; „Himmelwärts“ ist ihr erster Roman für Kinder, lebt in Hamburg.
Bea Davies, *1990 in Italien, Studium Illustration und Visuelle Kommunikation in New York und in Berlin, freie Illustratorin und Comiczeichnerin, lebt in Berlin
Karen Köhler „Himmelwärts“
Illustriert von Bea Davies
Hanser Verlag 2024, 192 Seiten, 19 Euro
Ab 10 Jahren