Wilma Geldof
Reden ist Verrat
Nach der wahren Geschichte der Freddie Oversteegen
"Er sieht mir ins Gesicht und sagt: 'Mein Vater hat aus Versehen eure Widerstandsgruppe verraten.' Er sieht mich weiterhin direkt an. Ich spüre, wie mir eiskalt wird, und ich weiß augenblicklich, dass es wahr ist."
Im Widerstand
Reden ist Verrat, das ist das Erste, was Frans, der Chef der Widerstandsgruppe, Freddie und ihrer Schwester Truus einschärft. Er will die beiden anwerben. Sie sollen mit niemandem reden, nicht einmal die Mutter, die den Kontakt zu Frans hergestellt hat, darf Genaueres wissen, damit sie im Falle einer Festnahme nichts preisgeben kann. Freddie hat gleich zu Beginn des Krieges erlebt, wie ihre jüdischen Freundinnen nach und nach verschwunden sind. Die deutschen Besatzer, in den Niederlanden "Moffen" genannt, sind ihr verhasst. Ihre kommunistische Familie versteckt Juden und beteiligt sich an der Verteilung von Flugblättern gegen die Nazis; nachdem Freddie erlebt hat, wie der bei ihnen versteckte Abel und seine Mutter abgeholt werden, beschließen sie und ihre Schwester, deutlich mehr zu tun, als nur Flugblätter zu verteilen.
Niemals werden wie die Moffen
Die Mutter hindert sie nicht, ermahnt die Mädchen aber, Befehlen nicht blind zu folgen und keine Menschen zu töten:
"Niemals so werden wie der Feind. Nicht die Hände schmutzig machen. Kein >Befehl ist Befehl< Immer noch selbst nachdenken."
Die beiden geraten in einen Strudel der Gewalt, und es fällt ihnen immer schwerer, der Mahnung der Mutter zu folgen. Parallel dazu entwickelt die Autorin eine fiktive Geschichte: Freddie ist in Peter verliebt, der sich nicht vorstellen kann, selbst Widerstand zu leisten. Er kümmert sich um den Laden seines Vaters, sie kaufen sogar Waren von deutschen Soldaten. Ständig will er wissen, was sie tut. Er vertraut ihr nicht und spioniert ihr schließlich sogar nach, was zur Katastrophe führt. Mitglieder der Widerstandsgruppe werden entdeckt und erschossen.
Eine wahre Geschichte
Der Roman erzählt eine wahre Geschichte, die Autorin verarbeitet die Erinnerungen von Freddie Dekker-Oversteegen. einer kommunistischen Widerstandskämpferin in den Niederlanden, und ihrer Schwester Truus. Sie zeigt, wie schwer es oft für die beiden Mädchen ist, die richtigen Entscheidungen zu treffen, mit Zweifeln, Ängsten und Rückschlägen klarzukommen und dennoch weiterzumachen. Man folgt gespannt ihren Aufträgen, die sie bei Kälte und Schnee von Stadt zu Stadt führen, und durchlebt mit Freddie die Trauer um einen kleinen Jungen, den sie zu seinen Eltern zurückbringen sollte. Er stirbt vor ihren Augen bei einem Angriff britischer Jagdflieger.
Wilma Geldorf hat aus der Lebensgeschichte von Freddie Oversteegen einen spannenden Roman gemacht, der respektvoll und realistisch mit den Erfahrungen der Widerstandkämpferin umgeht und dabei immer wieder Situationen beschreibt, in denen sie gegen moralische Skrupel ankämpfen muss. Das macht das Buch gerade für Jugendliche so lesenswert.
(Iris Knappe)
Wilma Geldof, *1962 in Alphen am Rhein, zunächst sozialmedizinische Kraft in der Psychiatrie, dann niederländische Autorin von zahlreichen Büchern für Jugendliche und Kinder, ihr erstes erschien 2001, sie wohnt in Haarlem
Wilma Geldof "Reden ist Verrat"
Nach der wahren Geschichte der Freddie Oversteegen
aus dem Niederländischen übersetzt von Verena Kiefer
Gerstenberg Verlag 2020, 343 Seiten, 18 Euro
Ab 14 Jahren