Sarah Schill
Anständig leben
Mein Selbstversuch rund um Massenkonsum, Plastikmüll und glückliche Schweine
Nichts Böses ahnend ließ sich Sarah Schill ihren ganz persönlichen "ökologischen Fußabdruck" ausrechnen – mal eben so, im Internet, sozusagen aus Jux. Das Ergebnis war ein Schock.
Würden alle Menschen ein solches Konsumverhalten pflegen, dann würden die Ressourcen von mehr als zwei Erden nicht ausreichen, um alle Bedürfnisse zu befriedigen. "Ich war – so schien es – trotz Fahrrad und Altpapier ein Umweltschwein der übelsten Sorte."
Lupinenwürstchen statt Wiener Schnitzel
Sie zieht Bilanz über die Lebensführung ihrer Familie (Mann und Sohn) und beschließt den Selbstversuch "Anständig leben". Der beginnt damit, Fleisch, Fisch und alle Milchprodukte vom Speiseplan zu streichen: Kaffee mit geschäumter Sojamilch statt Latte macchiato, veganes Sandwich statt Croissant, Gemüse und Lupinenwürstchen statt Sahnegeschnetzeltes und Wiener Schnitzel.
Drastische Recherchen
Der sogenannte "Verzicht" entpuppt sich nach einer gewissen Eingewöhnungszeit als erträglich; aber die drastischen Geschichten über Massentierhaltung, Rinderzucht, Schweineschlachtung, Legehennen-Qual, Sojafutter und Antibiotika, die sie recherchiert hat und dem Leser zwischen all' ihren heiteren Erlebnissen serviert, sind dafür umso unerträglicher.
Leben ohne Plastik
Nach ihrem veganen Experiment kommt die nächste, fast noch schlimmere Versuchsanordnung: Leben ohne Plastik. Geht irgendwie gar nicht, jedenfalls nur mühsam, denn vom Haarshampoo bis zum Tofuburger ist alles in Plastik abgefüllt oder verschweißt. Und wer die obligatorische Plastiktüte für Gemüse auf dem Markt ablehnt, erntet ein mitleidiges Lächeln. Sieht aus, als wäre in unserer "westlichen Wohlstandsblase" ein Leben ohne Plastik nur unter großen Anstrengungen möglich, den Spott gibts gratis dazu.
Mehr Lebensqualität
Sarah Schill sagt, wie es ist, ohne Anklage, ohne erhobenen Zeigefinger oder gar belehrenden Eifer. Veganer sind bei ihr keine asketischen Spinner, Plastikmuffel keine militanten Ökoterroristen und Mülltaucher keine üblen Asis.
Ein sehr informativer und kurzweilig geschriebener Ratgeber, in dem es nicht nur um Konsumverzicht geht, sondern neben einem deutlich geschärften Bewusstsein auch um einen Gewinn an Lebensqualität – vor allem für die nächste Generation, der wir mit unserem maßlosen Verbrauchsverhalten langsam aber sicher die Zukunft wegfuttern.
(Christiane Schwalbe)
Sarah Schill "Anständig leben"
Mein Selbstversuch rund um Massenkonsum, Plastikmüll und glückliche Schweine
Südwest Verlag 2014, 224 Seiten, 14.99 €