Valentin Thurn, Stefan Kreutzberger
Harte Kost
Wie unser Essen produziert wird -
Auf der Suche nach Lösungen für die Ernährung der Welt
Mit seinem Film "Taste the Waste" über die immense Verschwendung von Nahrungsmitteln hat Valentin Thurn eine intensive öffentliche Diskussion angestoßen, der jetzt ein weiteres Buch folgt: "Harte Kost".
Mehr Wertschätzung
10 bis 20 Millionen Tonnen essbarer Lebensmittel wandern in Deutschland Jahr für Jahr in die Tonne, weltweit landet ein Drittel der Lebensmittelproduktion auf dem Müll, das sind sage und schreibe 1,3 Milliarden Tonnen. Aus Film und dem ergänzenden Buch "Die Essensvernichter" ist eine Bewegung geworden, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt und Verbraucher zur Wertschätzung unserer Lebensmittel zurückführen will.
Natur statt Chemie
"Harte Kost" ist die konsequente Fortsetzung: Die Autoren liefern notwendige Informationen, die dazu beitragen sollen, den Siegeszug der industrialisierten und zunehmend gentechnisch veränderten Lebensmittel aufzuhalten, die mehr im Chemielabor denn in freier Natur entstehen.
Ihr Blick auf die Gegenwart ist erschreckend: Gift auf dem Acker, Saatgut in der Hand von Konzernen, wachsender Fleischkonsum und in der Folge immer mehr Sojaanbau, um genügend Tierfutter in die Massentierställe zu schaffen, leergefischte Meere und Aquakultur, Millionen hungernder Menschen im Süden der Erde, Wasserverschwendung und ausgelaugte Böden, Landgrabbing und Börsenspekulation mit Nahrungsmitteln, Landflucht und Verelendung in den Slums der Großstädte.
Zehn Milliarden
Diese Aufzählung lässt sich nahezu unendlich fortsetzen und beleuchtet jetzt schon einen Zustand der Welt, der im Jahr 2050 noch katastrophaler sein wird, wenn sich an diesem Raubbau an der Natur nichts ändert. Denn 2050 werden voraussichtlich fast zehn Milliarden Menschen die Erde bevölkern, und Experten sprechen davon, dass dann 70 Prozent mehr Lebensmittel produziert werden müssen. Also noch mehr Ausbeutung unseres Planeten? Für die Nahrungsmittelkonzerne kein Problem, behaupten sie doch, mit Hilfe von Gentechnik, Chemie und noch mehr Massentierhaltung die Verantwortung für die Welternährung zu übernehmen.
Fakten und Erfahrungen
Man kann das Buch aufschlagen, wo man will – immer wieder tragen die Autoren Informationen zusammen, die uns Verbrauchern ebenso wie den politisch Verantwortlichen eine komplette Kehrtwende unseres Verhaltens nahelegen. Das fängt beim Fleischkonsum an und hört bei Spargel im Dezember auf. Aber es ist nicht der drohende Zeigefinger, der dieses Buch so eindringlich macht. Es ist die Fülle der Recherchen und Fakten, geknüpft an ausführliche Berichte über persönliche Gespräche und Erlebnisse, die Valentin Thurn für seinen Film "Zehn Milliarden" in vielen Ländern der Welt gemacht hat.
Es gibt Alternativen
Thurn und Kreutzberger bieten auch Lösungen an, beschreiben kleine und große Projekte, die beweisen, dass es anders geht, dass Welternährung für 10 Milliarden Menschen möglich ist, ohne unseren Planeten komplett zu plündern. Fazit:
"Der größte Spielraum liegt … in unserer Ernährungs- und Konsumweise selbst. Diese gilt es zu ändern und zu beschränken. Denn ein 'Weiter wie bisher' geht nicht länger gut: Wenn mehr als die Hälfte der Ernte für andere Zwecke verwendet wird als für die menschliche Ernährung – im Tank, Trog oder der Tonne anstatt auf dem Teller landet -, dann sind die natürlichen Ressourcen rasch aufgebraucht. Wenn wir hingegen weniger wegwerfen, weniger Fleisch essen und weniger Agrarsprit in unsere Autos füllen, dann würde die Ernte heute bereits für 14 Milliarden Menschen reichen."
Es geht auch anders
Schwere Kost für den Leser, ohne Frage, aber ein wichtiges, kritisches und engagiertes Buch, das man nicht nur Politikern als Pflichtlektüre empfehlen möchte. Weil es Geschichten über unsere Lebensmittel erzählt, Hintergründe der modernen Nahrungsmittelproduktion beleuchtet, Alternativen aufzeigt, die u.a. in bäuerlicher Landwirtschaft und urbanen Gärten liegen, und die Argumente großer Konzerne entlarvt. Ernährung geht auch anders - jeder von uns kann damit anfangen, jetzt.
(Christiane Schwalbe)
Valentin Thurn, Stefan Kreutzberger "Harte Kost"
Wie unser Essen produziert wird
Auf der Suche nach Lösungen für die Ernährung der Welt
Ludwig Random House 2014, 320 Seiten, 16,99 Euro, eBook 13,99 Euro