Christian Mähr
Alles Fleisch ist Gras
Mit dieser komischblutigbösen Kriminalgroteske empfiehlt sich Österreich einmal wieder als Mutterland des tiefschwarzen Humors. Diesmal gibt Dornbirn, die "neuntgrößte Stadt" der Alpenrepublik und in Vorarlberg gelegen, die Kulisse für eine Geschichte ab, die einen unglaublich skurrilen Charme entwickelt.
Mord in der Abwasserreinigungsanlage
Alles fängt an mit dem Ingenieur Anton Galba, dem Leiter der Dornbirner ARA, der Abwasserreinigungsanlage, und seiner außerehelichen Beziehung zur Sekretärin Helga. Man trifft sich im Wald und zweckentfremdet so lustvoll wie hocherfreulich unbeschwert den Jäger-Hochsitz. Allerdings hat dies der unangenehme Kollege Mathis auf allerlei Fotos festgehalten, mit denen er nun den Herrn Ingenieur unter Druck setzt. Man trifft sich zur Aussprache; es gibt einen kleinen Schubser, einen Fall die Treppe hinunter ? und nun fragt sich Galba: Wohin mit der Leiche?
Verschwunden im Häcksler
Da trifft es sich günstig, dass die ARA mit einem großformatigen Biomüll-Häcksler ausgestattet ist sowie einschlägigen Gärtürmen, in denen die gehäckselte Biomasse von vielen fleißigen Bakterien zu einem begehrten Düngemittel weiterverarbeitet wird.
Das Verschwinden des Kollegen Mathis ruft die Polizei auf den Plan. Chefinspektor Nathanael Weiß kommt alsbald hinter Galbas Geheimnis. Aber: die Ex des Herrn Weiß hat den stinkreichen und gewalttätigen Ludwig Stadler geheiratet, und Weiß würde seinen Nebenbuhler schrecklich gern loswerden. So kommt der Polizist auf eine großartige Idee, und die heißt jedenfalls nicht Verhaftung des Ingenieurs Galba...
Sarkasmus, Sprachwitz und Spannung
Christian Mährs Roman ist mit köstlich sarkastischem Humor geschrieben, es ist ein großes Vergnügen, ihm auf den so abstrusen wie doch merkwürdig folgerichtigen Pfaden seines Krimi-Plots zu folgen. Das ist leicht und süffisant dahererzählt, augenzwinkernd, abgründig, sprachwitzig und - bei aller Schrägheit ? mit realistischem Blick in Biedermanns Seele und Wohnstube.
Obendrauf gibt?s als Sahnehäubchen eine Portion Philosophisch-Historisches. Und dass in diesem Roman das Genre sich genüsslich selbst parodiert, wird jeder Krimileser, der sich selbst und seine Lektürevorliebe nicht allzu ernst nimmt, gern verzeihen, denn: Mords-Spannung hat das Ganze auch.
(Gabi von Alemann)
Christian Mähr *1952, Vorarlberg, österr. Chemiker, Wissenschafts-Redakteur, lebt in Dornbirn
Christian Mähr "Alles Fleisch ist Gras" Verlag Deuticke/Zsolnay 2010, 397 Seiten, 19,90 Euro, EBook 15,99 Euro