Mike Nicol
Sleeper
"Manchmal muss man einfach die Welle reiten, wenn sie daherkommt." Das Credo des Surfers und Detektivs Fish Pescado, der mitunter auch mit Marihuana dealt, erweist sich als nützlich. Er wird angeheuert, um herauszufinden, wer den Energieminister Südafrikas ermordet hat.
Handel mit Uran
Doch dessen Geliebte, seine Klientin Caitlyn Suarez verschwindet ebenfalls, und Fish muss annehmen, dass der Mord "mit der düsteren Welt des Staates im Staate zu tun hatte". Seine Freundin Vicky Kahn gehörte dieser Welt als Geheimagentin an, setzte alles daran, sich daraus zu lösen und ihre Spielsucht in den Griff zu bekommen, doch beides holt sie wieder ein. Die Ereignisse überschlagen sich in Mike Nichols‘ drittem Teil seiner Kapstadt-Serie: Ein Ermittler, der zugleich Fishs Nachbar ist, bringt sich vor seinen Augen um, und als Fish weiter nach Caitlyn Suarez sucht und die Dinge nicht auf sich beruhen lässt, wird er selbst verhaftet. Vicky Kahn bemüht sich, ihn als Anwältin zu befreien und wird zugleich auf den Wissenschaftler Dr.Wainwright angesetzt, der zum Handel mit angereichertem Uran gezwungen wird, von höchster Stelle, und wenig bereit ist, darüber auszusagen.
"Vielleicht werden diese schlechten Leute wegen meiner Aussage weggesperrt, aber vielleicht auch nicht. In unserem Land werden sie es meistens nicht. Wir versuchen, ein gutes, richtiges Leben zu führen, gute Bürger zu sein, während um uns herum Gewalt herrscht und es mächtige Menschen gibt, die einfach tun, was sie wollen. Meine Stimme zählt nichts."
Düsteres Bild
Resignation auf der einen Seite, Gier und Paranoia auf der anderen – Mike Nichols zeichnet ein düsteres Bild seiner südafrikanischen Heimat zu Zeiten Jakob Zumas, dessen Schwiegersohn er in den illegalen Handel mit Uran verstrickt, hinter dem nicht nur der IS, sondern auch die iranische Regierung und die CIA her sind. Und diverse konkurrierende Dienste des Landes selbst spielen eine wenig rühmliche Rolle – ein pessimistischer Blick auf ein Land, dessen Präsident sich in seinem Bunker eingeschlossen hat, und wo die Gewalt um sich greift:
"Allerdings gab es in den Townships immer mehr außergerichtliche Selbstjustiz. Necklacing. Rache des Mobs. Vergewaltiger, Diebe und Drogendealer wurden dem Ring des Feuers ausgeliefert. Tod durch lodernde Autoreifen, die ihnen um den Hals hingen. In düsteren Stunden konnte man auch die Vorteile erkennen: Zum Preis eines Liters Benzin, eines alten Reifens und eines Streichholzes wurde man mit einem Schlag ziemlich viel Müll los."
Furioses Showdown
Das klingt zynisch, doch Mike Nicols Roman schildert vor allem zwei sehr angenehme, coole Ermittler, Fish und Vicky, die sich den Herausforderungen ihres Falles und ihres Landes mit Bravour und vollem Einsatz stellen und unterschiedliche Blickwinkel ermöglichen. Alte Bekannte aus seiner Rache-Trilogie (Payback, Killer Country, Black Heart, ebenfalls btb) fädelt der Autor, der auch an der Universität Kapstadts unterrichtet, mit viel Geschick in die Geschichte ein und steigert die Spannung, indem er für immer neue Komplikationen, schnelles Tempo und ein furioses Showdown sorgt. Wer seine Romane kennt, wird auch diesmal nicht enttäuscht, und als erste Begegnung ist "Sleeper" ebenso lohnend.
(Lore Kleinert)
Mike Nicol, *1951 in Kapstadt, Autor international gefeierter Kriminalromane, Journalist und Herausgeber, unterrichtet an der Universität in Kapstadt
Mike Nicol "Sleeper"
aus dem Englischen von Mechthild Barth
Thriller, btb München 2019, 512 Seiten 10 Euro
eBook 9,99 Euro