David Landes
Die Macht der Familie
Wirtschaftsdynastien in der Weltgeschichte
Dieses Buch sollte man mit einer gesunden voyeuristischen Neugier lesen, d.h. mit Lust auf detaillierte Einblicke in die Geschichte legendärer Familiendynastien des 18. bis 20. Jahrhunderts. David Landes Buch ist eine aufschlussreiche und über weite Strecken launige Lektüre.
Der Patriarch im Mittelpunkt
Landes erzählt von ungewöhnlich erfolgreichen und extrem reichen Familien, in denen über mehrere Generationen hinweg mehr oder weniger kontinuierlich die Geschicke des Unternehmens von ehrgeizigen Männern gelenkt wurden. Frauen kommen als Unternehmerinnen nicht vor. Immer steht ein Patriarch am Anfang, der sprichwörtliche Übervater, der häufig als Pionier begann. Dazu brauchte er in Zeiten der Industrialisierung vor allem einen guten Riecher, gepaart mit richtigen Beziehungen, einem gesunden Machtinstinkt und den Glauben an die eigene Kraft.
Der Reichtum kam später
Die meisten der von Landes erzählten Familiengeschichten beginnen in relativ kleinen Verhältnissen: die Barings waren Stoffhändler in England, die Rothschilds Kaufleute in Frankfurt, die Fords kamen als Einwanderer aus Irland, um im gelobten Amerika Wälder zu roden. Die Agnellis waren immerhin ländliche Grundbesitzer.
Der Gründer von Toyota machte sich einen Namen mit zunächst mechanischen und dann automatischen Webstühlen. Zum Automobil und damit zum „t“ im Namen fand er erst viel später. Der Sohn eines Zimmermanns hatte seine Mutter beobachtet, die am Webstuhl die Haushaltskasse aufbesserte: Er wird Zeuge des ständigen Frusts seiner Mutter über gerissene Fäden und unpraktische Handhabungsdetails und machte sich daran, Verbesserungen vorzunehmen - zum großen Verdruss seines Vaters, der sich wünschte, sein Sohn möge dem Zimmererhandwerk treu bleiben.
Kein Wohlstand ohne Glück
Die Rothschilds waren Juden, die im ersten Getto Europas, in der Frankfurter Judengasse aufwuchsen. Dort lernten sie zwangsläufig, wie wichtig gegenseitige Hilfe und Unterstützung ist, gerade wenn es darum geht, sich gegen eine Übermacht zu behaupten. Aber das allein ist natürlich kein Schlüssel zum Erfolg, ohne Verstand und eine gehörige Portion Glück geht gar nichts im Wirtschaftsleben. Rothschilds frühe Kontakte zu Fürstenhäusern legten den Grundstein für Macht und Reichtum. Und um ihn zu mehren, wurde die ganze Familie eingespannt - immerhin zehn Kinder:
Beide, Jungen wie Mädchen, lieferten Ware aus und nahmen Warenlieferungen an. Als die älteren Kinder heirateten, traten auch ihre Ehepartner in die Firma ein - als Arbeiter und Angestellte, nicht jedoch als Teilhaber. Den Schwiegersöhnen fiel es zu, die Drecksarbeit zu machen.
Wer kam wie und wann zu Reichtum, Ruhm und Macht? Mit Klugheit, Glück und harter Arbeit, aber auch mit Manipulationen, Tricks und korrupten Winkelzügen. Landes plaudert gern und erzählt uns höchst anschaulich und unterhaltsam Geschichten über die Reichen und die Superreichen: Familien, die Geschichte machten.
(Christiane Schwalbe)
David Landes
"Die Macht der Familie -
Wirtschaftsdynastien in der Weltgeschichte"
Aus dem Amerikanischen von Karl Heinz Siber
Pantheon Verlag, 2. Auflage, 480 Seiten, Paperback 14,95 Euro