Katrin Grundwald
Schwester!
Mein Leben mit der Intensivstation
Krankenschwester! Ein typischer Frauenberuf, hach ja, und so ein schöner noch dazu! Menschen pflegen, Zuwendung geben, Fieber messen, die Hand halten und am Ende den verdienten Lohn entgegennehmen: das gute, sooo gute Gefühl, wenn der wieder genesene Patient gerührt "Danke, Schwester Stefanie!" haucht.
Alltag Intensivstation
Mit solchen guten alten Klischees hat die Realität im Krankenhaus nur sehr entfernt etwas zu tun. Schichtdienst, Kostendruck, Personalmangel sind da schon eher Stichworte, mit denen heutige KrankenpflegerInnen etwas anfangen können - zumal auf der Intensivstation, wo es ganz konkret ums Leben-Retten geht.
Wie es wirklich ist, in der Pflege zu arbeiten, davon erzählt das Buch "Schwester! Mein Leben mit der Intensivstation" der Bremer Autorin Katrin Grunwald, die seit vielen Jahren als Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege in Norddeutschland arbeitet. Für sie ist die Intensivstation der Alltag.
Blut und Spritzen
Und der hat es in sich. Wenn es Spitz auf Knopf steht, muss es schnell gehen. Dass man nicht jedes Leben erhalten kann, ist oft genug die traurige Bilanz des Arbeitstages. Die Arbeit auf der Intensivstation umfasst nicht nur steril blinkende medizinische Apparaturen und freundliches Personal in blütenweißen Kitteln. Zum Arbeitsalltag gehören auch die unappetitlichen Details, die die fröhlichen TV-Krankenhausserien gern weglassen: Blut, Kot, Gerüche, Spritzen, verwirrte Patienten, meckernde Angehörige, Arbeitshektik ? und Tod.
Kritik, Satire und schwarzer Humor
Ein solches Pensum kann man nur mit Humor bewältigen, zeigt die Autorin. Einer druckvollen, hoch komplexen Arbeitssituation auch mal eine komische Seite abgewinnen zu können, ermöglicht Distanz und das Überleben in einem solchen Beruf. So liest sich Grunwalds Buch nicht nur informativ und anrührend, sondern auch wie eine Krankenhaussatire ? sonnengebräunter Chefarzt inklusive.
Schwester Katrin bewältigt ihr Berufsleben so kampfes- wie lachlustig. Sie erzählt drastisch und deutlich, mit viel schwarzem Humor, und spart nicht mit Kritik am Gesundheitssystem und am steigenden Kostenspardruck. Sie erzählt, wie Menschen bei aller Mühe des Krankenhauspersonals trotzdem sterben, und wie man sich im KollegInnenkreis stützt. Sie erzählt, trotz aller bestürzenden Einzelheiten, spannend und vergnüglich und sprachlich vorzüglich gestaltet.
Danke, Schwester ...
Und wenn die Rezensentin eines Tages auf ihrer Intensivstation eingeliefert würde, was einer der dafür zuständigen Götter verhindern möge - was aber doch verdammt plötzlich geschehen kann -, dann wird sie hauchen: "Danke, Schwester Katrin ..."
(Gabi von Alemann)
Katrin Grunwald "Schwester!"
Mein Leben mit der Intensivstation
Rowohlt 2010, 3. Auflage, 240 Seiten, rororo 8,99 Euro, eBook 8,99 Euro