Der Musik Kalender 2023
Von der Ouvertüre zum Finale
Die Ouvertüre für das Jahr 2023 klingt für Freunde eines ebenso traditionsreichen wie stimmungsvollen Jahresbeginns schon mal verheißungsvoll: Georges Prêtre schrieb über die Leitung des beliebten Neujahrskonzerts mit den Wiener Philharmonikern.
Botschaft der Liebe
„Das Neujahrskonzert zu leiten, ist schon ein einzigartiges Gefühl. Es ist kein normales Konzert, sondern es geht zwei Stunden lang eine Botschaft der Liebe in die ganze Welt ...”
Und die schwedische Komponistin Elfrida Andrée, die auch eine herausragende Organistin ihrer Zeit war, weiß, wovon sie spricht, wenn sie Frauen endlich den Platz wünscht, der ihnen zusteht:
Man könnte leichter einem Felsen ein Stück entreißen als mir meine Idealvorstellung: Die Aufwertung der Frauen!”
Von der Ouvertüre zum Finale führt dieser schön bebilderte Jahreskalender, der 53 internationale Musiker und Musikerinnen in Originalzitaten und bibliografischen Notizen vorstellt, die Geschichte geschrieben haben – am Dirigentenpult, als KomponistInnen oder SängerInnen. Sie alle haben den einen oder anderen besonderen Moment beschrieben, der ihnen unvergeßlich geblieben ist – Georgette Leblanc beispielsweise begann zu zittern, so sehr tauchte sie ein in ihre Rolle:
„Meine Hände wurden zu Eis, als lägen sie auf Schnee. Mit Debussy drang ich ganz bis zur Seele von Pélleas und Mélisande vor und vergaß mich dabei vollkommen selbst, es war, als würde ich meinen Körper verlassen, und es erforderte die Brutalität des Rampenlichts, mich in meine Rolle zurückzuholen."
Genie und Wunderkind
Der Geiger Ruggiero Ricci, der schon in jungen Jahren als Genie galt, weiß, wie sehr sich auch ein sogenanntes 'Wunderkind' quälen muss, um so genannt zu werden:
Als Teenagewr war ich gar nichts. Ich war kein reifer Künstler und kein Wunderkind ... Das waren schlechte Jahre ... Technisch gut zu werden macht wenig Spaß. Technik erwirbt man nicht, indem man Angenehmes übt. Man erwirbt Technik, indem man das Unangenehme übt."
Ihre frühe Begabung interpretiert Ida Haendel ein wenig anders. Als sie mit Brahms' Violinkonzert in London zum ersten Mal öffentlich auftrat, war sie neun Jahre alt:
„Man kann von einem Kind nicht erwarten, ein Genie wie Brahms zu verstehen. Ich ging rein instinktiv vor, und genau das braucht man, um Brahms zu spielen. Man wird damit geboren. Es lässt sich nicht lehren, wenn man es nicht in seiner Seele fühlt ..."
In jedem Fall gilt: Man muss ganz und gar mit seinem Instrument verschmelzen - für Pablo Casals eine lebenslange Notwendigkeit, nachdem er sich in den Klang des Cellos verliebt hatte:
„Nie zuvor hatte ich solch schönen Ton vernommen. Glanz erfüllte mich. Als das erste Stück vorbei war, sagte ich zu meinem Vater: 'Vater, das ist das wundervollste Instrument, das ich je gehört habe, das will ich spielen!' ... Von jener Zeit an – mehr als achtzig Jahre ist es her – war ich mit diesem Instrument verheiratet. Für den Rest meines Lebens sollte es mir Freund und Lebensgefährte werden."
Für die Seele
Musik will stets die Seele erreichen – die des Komponisten oder Interpreten ebenso wie die des Publikums. Und einen solchen magischen Moment schildert Mikis Theodorakis in seiner Autobiografie:
So entstand, in einem Augenblick, die Erste Sinfonie ... sie prägte sich in Lichtgeschwindigkeit mit ihrer endgültigen Gestalt in die vierzehn Milliarden Zellen meines Gehirns ein."
Ob Klassik oder Moderne – dieser Kalender erzählt nicht nur schöne kleine Geschichten, er regt auch an, sich mal wieder die eine oder andere CD aus dem Regal zu holen, um selbst zu hören, wovon in diesem Kalender die Rede ist. Ein anregender Begleiter durch das Jahr 2023.
(Christiane Schwalbe)
Der Musik Kalender 2023
Von der Ouvertüre zum Finale
edition momente 2022, 60 Blätter, 53 Fotos, farbig, 24 Euro