Charles Lamb
Eine Abhandlung über Schweinebraten
Ausgewählt, übersetzt und mit einem Vorwort von Joachim Kalka
Schweinebraten kommt aus dem Backofen. Oder vom Grill. Und natürlich vom Spieß. Das Beste, wissen Kenner, ist die Kruste. So hat es wohl auch ein Chinese empfunden, der durch einen puren Zufall auf den Geschmack gekommen ist.
Kuriose Geschichte
Charles Lamb erzählt uns von diesem kuriosen Zufall, ein hierzulande wohl eher unbekannter englischer Dichter, dessen essayistische Qualitäten man über den Schweinebraten entdecken kann. Jener Chinese namens Bo-Bo nämlich aß – wie die gesamte Menschheit -
"die ersten siebzigtausend Zeitalter hindurch das Fleisch roh, … krallte oder biß es aus dem lebenden Tier heraus …"
bis er die Kunst des Bratens entdeckte: Funkenflug setzte sein Haus in Flammen und mit ihm einen hübschen Wurf von Jungschweinen: "Chinesische Schweine galten im ganzen Osten … als erlesener Luxus .. Von nun an nichts als Feuersbrünste. Einige brachen am hellen Tage aus, andere des Nachts."
Eine makabre animalische Geschichte, die in allerlei heiter-besinnliche Gedanken über kulinarische Genüsse mündet.
Von Männern und Frauen
Charles Lamb lebte von 1775 bis 1834 und ist nicht nur in elf Essays zu entdecken, sondern auch in einem informativen Vorwort, das uns den Reiz dieses englischen Autors vermittelt:
In "Moderne Galanterien" setzt er sich auf höchst vergnügliche Weise mit der Aufmerksamkeit des Mannes gegenüber der Frau auseinander, erheitert den geneigten Leser mit Gedanken über "Arme Verwandte", die stets zur falschen Zeit zu Besuch kommen, oder er klärt über die Funktion des Tischgebets auf, das seinen Sinn vor allem am Tisch eines Armen erhält, denn
"der im Mangel Lebende, der kaum weiß, ob er am nächsten Tag eine Mahlzeit bekommen wird oder nicht, setzt sich mit einem ausgeprägten Gefühl für das segensreiche des Mahles nieder, einem Gefühl, das die treichen nur unvollkommen simulieren können, in deren Köpfe die Vorstellung, es könne einmal nichts zu essen geben, niemals Einlaß findet …"
Kultureller Teddybär
Charles Lamb war 1792–1825 bei der Ostindien-Kompanie als Sekretär angestellt und starb am 27. Dezember 1834 in Edmonton (heute London). Es lohnt sich durchaus, seinen mal heiteren, mal belehrenden philosophischen Gedanken zu folgen, aber – so Joachim Kalka im Vorwort – der von Kritikern als "kultureller Teddybär des viktorianischen Establishments" geschmähte Autor wird wohl ein weitgehend Unbekannter bleiben:
"Es geht mit Charles Lamb wie mit so vielen jener Schriftsteller, die er bewundert hat: Niemals werden sie den Ärmelkanal überwinden."
(Christiane Schwalbe)
Charles Lamb "Eine Abhandlung über Schweinebraten"
Mit einer Studie zum Briefwechsel zwischen Charles Lamb und S.T. Coleridge von Norbert Miller
Ausgewählt, übersetzt und mit einem Vorwort von Joachim Kalka
Berenberg Verlag 2014, 176 Seiten, Halbleinen, fadengeheftet, 20 Euro