Zelda Fitzgerald
Himbeeren mit Sahne im Ritz
Das Ritz-Carlton in New York – Kulisse für Luxus und Glamour. Im japanischen Garten des Ritz sitzt eine Tänzerin und isst Himbeeren mit Sahne: Eine kapriziöse Frau, die Juwelen und Kleider "von ausgezeichneter Qualität" trägt und perfekt in dieses Ambiente passt.
Glamour-Paar
Sich stilsicher in Szene setzen konnte auch Zelda Fitzgerald, davon zeugen ihre Geschichten. Sie suchte und fand das Besondere und Außergewöhnliche im Leben und schildert es sehr pointiert in ihren Porträts von eigensinnigen, selbstbewussten und sehr emanzipierten Heldinnen. Sie führt uns mitten hinein in die Roaring Twenties, als Frauen ihr eigenes, modernes Lebensgefühl entdeckten, sich im Jazz Age vergnügten und nach gesellschaftlicher Anerkennung strebten.
Zelda Fitzgerald schrieb wunderbare Geschichten, zu Lebzeiten meist veröffentlicht unter dem Namen ihres erfolgreichen Mannes, des berühmten Schriftstellers F. Scott Fitzgerald. Das gab höhere Honorare. Die beiden waren ein Glamour-Paar, sie heirateten 1920 – er war 23, sie 19 Jahre alt und fortan auch die Muse ihres Mannes.
Zwei Meter Tüll
Zum ersten Mal auf deutsch sind nun elf Erzählungen erschienen, in denen Zelda Fitzgerald über Frauen schreibt, die sich auf sehr unterschiedliche Weise durchzusetzen verstehen, dabei nicht immer einen geraden Weg einschlagen und durchaus auch scheitern. Da ist Gracie, die den Wettbewerb zur Schönsten der Stadt gewinnt, sich große Hoffnungen auf eine Filmkarriere macht und zur "Leinwandkönigin" avanciert – ganz anders allerdings, als sie sich das vorgestellt hat. Die extravagante Revuetänzerin Gay geht einen anderen Weg:
"Sie hatte fraglos die beste Figur von ganz New York, andernfalls hätte sie niemals so viel Geld damit verdienen können, auf einer Bühne herumzustehen und zwei Metern Tüll den Anschein von Bedeutsamkeit zu verleihen."
Mädchen und ihre Träume
Träume und Enttäuschungen haben in Zelda Fitzgeralds Erzählungen ebenso Platz wie das wilde Treiben der Reichen und Schönen. So gibt es die Geschichte vom "Mädchen und dem Millionär", aber auch die vom "Mädchen aus einfachen Verhältnissen" und vom "Mädchen, das dem Prinzen gefiel" und selbst reiche Erbin ist. Und wir begegnen Frauen, deren Mädchenzeit lange zurückliegt - Miss Ella und Tante Ella – "ihr Haar war schneeweiß, das Gesicht weiß und rosa geschminkt, wie es vor dem Bürgerkrieg en vogue gewesen war". Sie leben in der Vergangenheit und bewältigen die Gegenwart mit großer Disziplin und äußerer Perfektion. Miss Ella "war elegant und erinnerte an jene kolorierten Damen, die schicke Handschuhschachteln zieren. Wenn sie sonntags die Chorhaube trug, ragte ihr rotes Haar darunter hervor, als wollte es die Konturen ihrer Persönlichkeit farbig hervorheben. .. Sie benutzte einen Sonnenschirm aus Spitze und war von einer so vogelartigen Nervosität, dass sie beim Sprechen auf den Zehenballen wippte."
Und wenn wir die beiden alten Damen bei einer nachmittäglichen Kutschfahrt begleiten und dabei die tragische Liebe von Miss Ella vorüberzieht, dann taucht man ein in eine dichte Atmosphäre aus Leichtigkeit und Melancholie.
Anstrengende Selbstinszenierung
Es sind großartig geschriebene Geschichten, klug und genau beobachtet, mit Humor und leiser Ironie erzählt. In den sensibel gezeichneten Frauenporträts bildet Zelda Fitzgerald das selbst erlebte und angestrengte Leben permanenter Selbstinszenierung in New York oder Paris ab, aber auch die Sehnsüchte der Frauen in der Provinz, die davon träumen, besonders und berühmt zu werden. Eine überaus kurzweilige und vergnügliche Lektüre.
(Christiane Schwalbe)
Zelda Sayre Fitzgerald (1900–1948), geboren in Montgomery, Alabama, war amerikanische Autorin und vor allem eine Stilikone der 1920er Jahre
Zelda Fitzgerald "Himbeeren mit Sahne im Ritz"
Erzählungen
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Eva Bonné
Nachwort von Felicitas von Lovenberg
Manesse Verlag 2016, 224 Seiten, 24,95 Euro
eBook 19,99 Euro