Kamala Harris
Der Wahrheit verpflichtet
Meine Geschichte
Vom schwarzen Einwandererkind in San Franzisco zur Generalstaatsanwältin und Justizministerin Kaliforniens, dann zur Senatorin der Demokraten in Washington D.C. und seit Januar 2021 Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten – Kamala Harris hat schon jetzt eine beeindruckende Karriere hinter sich.
Demonstration mit Kinderwagen
Sie wurde von ihren in der Bürgerrechtsbewegung Kaliforniens engagierten Eltern schon im Kinderwagen zu Demonstrationen mitgenommen, das war in den 1960er Jahren. Ihre Mutter, aus Indien eingewandert, arbeitete als Krebsforscherin, und als ihr Vater, ein Jamaikaner und Wirtschaftsprofessor, die Familie verließ, war sie gerade mal fünf. Rückhalt und Sicherheit kamen also vor allem von der Mutter, die sie anspornte, sich durchzusetzen und durchzuhalten, denn schon früh hat Kamala erfahren, wie sehr Schwarze Menschen in den USA diskriminiert und benachteiligt werden. Ihr war schnell klar, dass sie studieren wollte und suchte sich als Universität die Howard University in Washingten, D.C. aus, eine Hochschule mit besonderer Vergangenheit:
„Sie blieb bestehen, als viele Hochschulen ihre Pforten für Schwarze Studentinnen und Studenten schlossen. Sie blieb bestehen, als das Land von Rassentrennung und Diskriminierung beherrscht war. Sie blieb bestehen, als nur wenige das Führungspotenzial und die Fähigkeiten junger Schwarzer Männer und Frauen sehen wollten.”
Back on Track
Als Bezirksstaatsanwältin in San Franzisco initiiert sie gegen viele Widerstände ein Projekt „Back on Track“, um Straftäter wieder „in die Spur“ zu bringen. Statt ständiger Aufrüstung der Polizei und immer härterer Strafen durch die Justiz sollten Straftäter gesellschaftlich schnell wieder eingegliedert werden. Dazu ließ sie in San Franzisco eine Art Grundausbildung für ehemalige Straffällige einrichten, um sie bei Schulabschluss, Berufswahl, Kindererziehung, privaten Finanzen und Drogentherapie zu unterstützen. Das Programm war nicht nur sozial sehr erfolgreich, die Rückfallquote sank von 50 auf 10 Prozent. Auch finanziell war es ein Gewinn, denn die Kosten für Strafprozesse und Gefängnisaufenthalte gingen deutlich zurück. Harris erweiterte das Projekt auf ganz Kalifornien, und danach haben es viele andere Bundesstaaten übernommen.
Bankenaufsicht
Als es darum ging, die kriminellen Praktiken der Banken zu entlarven, die zur weltweiten Finanzkrise 2008 geführt hatten, spielte Kamala Harris eine führende Rolle als Generalstaatsanwältin von Kalifornien. Die Banken hatten mit Hochdruck Hypothekendarlehen an unerfahrene, auf Dauer zahlungsunfähige Kunden verkauft, die in kurzer Zeit ihre überteuerten Kredite nicht mehr tilgen konnten und dann von den Banken mit illegalen Zwangsversteigerungen in den Ruin getrieben wurden. Als Verhandlungsführerin des besonders betroffenen Bundesstaates Kalifornien erreichte sie, dass die Banken eine pauschale Entschädigung von 20 Milliarden Dollar (statt der angebotenen 2 bis 4 Mrd.) zahlen mussten und setzte darüber hinaus neue Gesetze zur Bankenaufsicht durch.
Diese und ähnliche Erfahrungen aus dem juristischen und politischen Alltag der Staatsanwältin und Senatorin sind informativ, erlauben Einblicke in geheime Ränkespiele und hinter die Kulissen der Justiz. Und trotz einer oft allzu detailierten Beschreibung sind sie kurzweilig und unterhaltsam erzählt. Gleiches gilt für den oft mühseligen Weg in politische Ämter, die kostspieligen Wahlkämpfe, die Werbung um Sponsoren und die Zusammenarbeit mit den vielen freiwilligen Helfern.
Konstruktive Zusammenarbeit
„»Den Lösungsweg transparent zu machen« ist ein Ansatz, den ich mir in meiner Laufbahn zu eigen gemacht habe... Politikerinnen und Politiker, die das Vertrauen der Öffentlichkeit gewinnen wollen, müssen ihre Gedankengänge genauso transparent machen. Wir können anderen keine Entscheidungen abnehmen, aber wir müssen ihnen zeigen, wie wir zu unseren gelangt sind ... und das kann schon ein guter Ausgangspunkt für eine konstruktive Zusammenarbeit sein.“
Kamala Harris' Credo ist es, stets Wahrheiten aufzuzeigen, wenn sie auf soziale Missstände und politische Notwendigkeiten verweist, auf den „miserablen Zustand des amerikanischen Gesundheitswesen“ mit überteuerten Medikamenten, auf eskalierende Polizeigewalt oder illegale Einwanderung.
„Der Wahrheit verpflichtet“ ist eine Art Manifest der politischen Grundsätze von Kamala Harris, die sie jetzt als Vizepräsidentin und damit als eine der mächtigsten Frauen der Welt umsetzen kann. Es ist eine Biographie, in der sie Politisches und Privates mischt, Herkunft und Familiengeschichte aber nicht in den Vordergrund stellt. Als Kind Schwarzer Einwanderer waren Privilegien und Karriere für sie alles andere als selbstverständlich. Inzwischen hat sie die Rolle einer Hoffnungsträgerin übernommen – in vielen Jahren unterstützt und ermutigt von ihrer Mutter:
„Du musst als Einwandererkind besser sein als andere und jederzeit alles geben ... du kannst in vielen Dingen die Erste sein. Aber bleib' nicht die einzige.“
(Peter Ehrenfried)
Kamala Harris, *1964 in Oakland, Kalifornien, Juristin, war Generalstaatsanwältin, Justizministerin und Senatorin Kaliforniens, seit Januar 2021 Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika
Kamala Harris „Der Wahrheit verpflichtet“
Meine Geschichte
aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Jürgen Neubauer
Siedler Verlag 2021, 336 Seiten, 22 Euro
eBook 17,99 Euro