Hans-Ulrich Grimm
Die Suppe lügt
Die schöne neue Welt des Essens
"Die Suppe lügt" erschien erstmals 1997 – seitdem hat sich in der Lebensmittelindustrie viel getan: Sie ist noch einfallsreicher geworden, wenn es darum geht, unsere Sinne auszutricksen und uns an künstlichen Geschmack zu gewöhnen.
Chemie statt Geschmack
Die Geschichte mit den Sägespänen, aus denen Erdbeeraroma gewonnen wird, hat sich längst herumgesprochen, aber ist deswegen weniger Erdbeerjoghurt gekauft und gegessen worden? Wohl kaum. Verbraucher verdrängen leider gern und werden möglicherweise erst dann stutzig, wenn Kinder einen Joghurt, der mit echten Erdbeeren zubereitet ist, empört als "schmeckt nach nichts" zurückweisen, weil sie Chemiepampe gewöhnt sind.
Betrogener Körper
Dann vielleicht kommen Eltern drauf, was Hans-Ulrich Grimm auf den Punkt bringt:
"Eigentlich sollte, wer Geschmack nachmacht oder verfälscht oder nachgemachten oder verfälschten in Verkehr bringt, bestraft werden wie ein Geldfälscher. Die Fälschung der Nahrung hat ja weitreichende Auswirkungen. Denn der Körper wird betrogen. Der braucht ja die Nahrung zum Leben."
Mangelzustände
Das heißt im Klartext: Zunehmend mehr "echte" Nährstoffe fehlen, wenn sich Verbraucher mit Tütensuppen oder Fruchtjoghurt begnügen. Da bekommt der Körper allenfalls "so ein Gefühl, aber nicht die Substanzen". Grimm zitiert einen Sinnesphysiologen, der sagt:
"Die Aromen sind geeignet, den Körper auszutricksen. Wenn diese Geschmacksstoffe Rind signalisieren, dann wird das Hirn alarmiert, dann werden die Verdauungsdrüsen aktiviert, die das ganze System darauf einstellen, Rind zu verarbeiten … Da wird der Körper betrogen. Das ist physiologisch ein Mangelzustand".
Der Mensch hat also weiterhin oder kurz danach wieder Hunger und futtert weiter. Die Folge - früher oder später: Übergewicht.
Industrielle Parallelwelt
Grimm zeigt, welche ursprünglich positive Entwicklung der Geschmack durchgemacht und wie er sich verfeinert hat, er deckt Gesetzeslücken auf und entlarvt die Methoden der – wie er es nennt – industriellen Parallelwelt, geschaffen von zehn Weltkonzernen, die künstlichen Geschmack produzieren. Was sich in den Regalen der Supermärkte stapelt, teilt mit "echter" Nahrung oft nur noch den Namen. Und was sich hinter verschlossenen Türen abspielt, kann einem schon Schauder über den Rücken jagen: Gulasch aus Klärschlamm, Vanille aus Abwasser, Geschmack aus Müll. Biotechnologie statt Lebens-mittel, Nährwert gleich Null.
Pflichtlektüre für Verbraucher
Die schöne neue Welt des Essens hat mit Lebens-Mitteln nur noch wenig zu tun. Das sorgfältig recherchierte Buch, für die neue Ausgabe aktualisiert und erweitert, ist mehr denn je eine Pflichtlektüre für bewusste Verbraucher, die am Essen Spaß haben und sich von der Industrie nicht länger an der Nase herumführen lasssen wollen.
(Christiane Schwalbe)
Hans-Ulrich Grimm "Die Suppe lügt"
Die schöne neue Welt des Essens
Droemer 2014, überarbeitete Neuausgabe, 320 Seiten,
broschiert 18 Euro, Taschenbuch 8,99 Euro
eBook 15,99 Euro, Hörbuch Download 12,06 Euro
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