Jan Grossarth
Vom Land in den Mund
Warum sich die Nahrungsindustrie neu erfinden muss
Lassen sich Nahrungsmittelindustrie und bäuerliche Landwirtschaft jemals unter einen Hut bringen? Gibt es Wege aus der Massentierhaltung, die uns Fleisch auf dem Teller ermöglichen, das nicht "nahe am Tofu" ist, sprich: kaum Geschmack hat, wie beispielsweise die übliche Hühnerbrust?
Kompromisse finden
Jan Grossarth, Wirtschaftsredakteur bei der FAZ und Experte i.S. Landwirtschaft, versucht zumindest, Lösungen aufzuzeigen, die uns nicht in die verklärte Idylle früherer Bauernhöfe zurückbringen, sondern einen Kompromiss ermöglichen sollen – zwischen notwendiger Nahrungsmittelproduktion in großem Stil und ökologischer Erzeugung, die die Ressourcen der Natur schont. Aber dafür müssen sich vor allem unsere Essgewohnheiten ändern und – vorher – unsere Wertschätzung für das, was auf den Teller kommt.
Neue Trends
Die Zeiten ändern sich und mit ihnen unser Blick aufs Essen. Mit dem Trend zu veganem und vegetarischem Essen veränderte sich auch der Anspruch an die Nahrungsmittel: Tierschutz wird wichtiger, kritische Verbraucher wollen kein Fleisch mehr essen, das mit Antibiotika verseucht ist, sie wehren sich gegen die Unmenge von Düngemittel, die auf unseren Feldern verteilt werden und über die derzeit unter dem Stichwort "Glyphosat" heftig gestritten wird. Urban Gardening und Hochbeete auf Balkon und Terrasse sind weitere Kennzeichen eines Trends, dem allerdings noch zu wenig Verbraucher folgen, um wirksam zu sein.
Umkehr lohnt sich
Dieses Buch, faktenreich und gut geschrieben, könnte wieder ein paar mehr Menschen überzeugen, dass sich eine Umkehr lohnt, dass Fleischkonsum nicht glücklich macht und Vegetarier keine Spinner sind. Von Gentechnik bis Tierschutz, von Monsanto bis Cradle-to-Cradle-Kreislauf, von Verbraucherverhalten bis Agrarindustrie, vom Klimawandel bis zur Meeresverschmutzung – Grossarth erläutert in 21 Thesen Problematik und Folgen industrieller Landwirtschaft, beleuchtet herkömmliche und alternative Produktionsmethoden und liefert viel Argumentationsmaterial.
Nur Appelle
Aber wie soll eine Veränderung im Sinne eines Sich-neu-Erfindens stattfinden, wie soll es funktionieren, die Industrie "zu fairer Gestaltung" zu zwingen und ihr "Phantasie und eine Seele" einzupflanzen? Darauf gibt auch Grossarth keine Antwort. Es bleibt bei Appellen und einer informativen Lektüre.<
(Peter Ehrenfried)
Jan Grossarth "Vom Land in den Mund"
Warum sich die Nahrungsindustrie neu erfinden muss
Nagel & Kimche, 160 Seiten, 17,90 Euro
eBook 13,99 Euro