Marin Trenk
Döner Hawaii
Unser globalisiertes Essen
Essen und Trinken hält zwar – sprichwörtlich – immer noch Leib und Seele zusammen, aber was wir essen und wie wir das tun, das hat sich in den letzten Jahrzehnten gewaltig verändert. Wir essen global und multikulturell, die Ursprünge haben wir dabei oft vergessen.
Kulinarische Verführung
Toast Hawaii – das war Mitte der 1950iger Jahre ein exotisches Highlight auf deutschen Tellern, es dauerte nicht lange, da kamen Pizza und Pasta und irgendwann auch der Döner. Die sogenannten Gastarbeiter brachten unbekannte Speisen mit, und die Deutschen ließen sich nur allzu gern zu neuen kulinarischen Genüssen verführen.
Global Food
Inzwischen, so resümiert Marin Trenk, muss man nach der sogenannten deutschen Küche mit der Lupe suchen, man findet originale (und originelle) Gerichte allenfalls noch im Süden der Republik, aber ansonsten folgt Deutschland – im Gegensatz zu unseren Nachbarländern, die deutlich patriotischer an ihre kulinarischen Traditionen festhalten - weitgehend der globalisierten Küche, also einem Mix aus vielen Esskulturen. Wobei die "Eindeutschung" fremder Speisen manchmal schlimme Formen annimmt. Aber ob authentisch oder nicht, gekocht wird, was schmeckt, auch wenn es mit der Ursprungsküche nicht mehr viel zu tun hat. Global Food ist trendy, am besten to go im Pappbecher, in dem man gern auch unterwegs mit den Stäbchen herumstochert.
Knoblauch und Pasta
Das war nicht immer so, denn noch im 18. und 19. Jahrhundert fand man fremde Speisen gar nicht begehrenswert, den Koblauch sogar ekelerregend,
"und Pasta, heute jedermanns Lieblingsessen, wurde als gewöhnungsbedürftig empfunden. Olivenöl schließlich, eine Säule der mediterranen Ernährung, galt schlicht als gesundheitsgefährdend".
Heute geht es viel grenzenloser zu, es gibt kaum noch Tabus, sieht man mal von Hundefleisch oder Insekten ab.
Essen to go
Marin Trenk, Ethnologe, der an der Universität Frankfurt das Forschungsgebiet "Kulinarische Ethnologie" eingeführt hat, nimmt uns mit auf eine spannende Reise durch die Küchen der Welt, die mit dem Gewürzhandel begann, sich über den Kolonialismus fortsetzte und in die Gastarbeiter- und spätere Einwanderungswelle mündet. Warum wir essen, was wir essen – in seiner überaus kenntnisreichen, aber manchmal sehr anekdotischen und detailverliebten kulinarischen Tour d`Horizon quer durch die Jahrhunderte und Kontinente droht sich Trenk allerdings in der Fülle der Fakten zu verlieren.
Aus dem Chemielabor
Mit der Globalisierung unseres Essen geht leider auch der Untergang der Kulturtechnik Kochen einher – angesagt sind Food-on-the-run und Snack-around-the-clock, also Futtern zu jeder Zeit, unabhängig von Tisch und Teller. Deshalb zitiert Trenk auch Michael Pollan, den Professor, Journalisten und Kämpfer für gutes Essen, der vor "essensähnlichen Substanzen" warnt und vor Produkten, "die die eigene Großmutter nicht als Essen erkannt hätte." Denn die haben nichts mit einer globalisierten Küche zu tun, sondern ausschließlich mit der weltweiten Industrialisierung unserer Nahrung, die zunehmend aus dem Chemielabor kommt.
(Christiane Schwalbe)
Marin Trenk *1953, hat einen Lehrstuhl für Ethnologie an der Uni Frankfurt a.M.
Marin Trenk "Döner Hawaii – unser globalisiertes Essen"
Klett-Cotta 2015, 297 Seiten, 17,95 Euro
eBook 13,99 Euro