Karl Ludwig Schweisfurth
Der Metzger, der kein Fleisch mehr isst …
Er steht auf der grünen Wiese, mit Gummistiefeln, Hut und gestricktem Schal, vor schwarzen Schweinen, weißen Hühnern und Schwarzbunten im Hintergrund: So zeigt das Buchcover den Metzger, der kein Fleisch mehr isst.
Das rechte Maß verloren
Karl Ludwig Schweisfurth war mal Chef des größten europäischen Fleischwarenkonzerns Herta, heute eine Tochtergesellschaft von Nestlé. Schweisfurth verkaufte, weil er Massentierhaltung und Großschlachtereien nicht mehr unterstützen wollte.
"Als ich spürte, dass wir im Umgang mit den Tieren und der Natur das rechte Maß verloren hatten, das System der Agrarindustruie ein Irrweg ist, stieg ich aus … und fing nochmal von vorne an."
Artgerechte Tierzucht
Der erfolgreiche Fabrikant wurde Biobauer und kehrte zu dem zurück, was vor der industriellen Fleischproduktion üblich war: Ein artgerechter, würdevoller Umgang mit den Tieren bis in den Tod hinein. Er gründete die Hermannsdorfer Landwerkstätten und die Schweisfurth-Stiftung, widmet sich seitdem der ökologischen Lebensmittelerzeugung und vor allem der Aufklärung. Fleisch isst er nur noch, wenn er weiß, "wo es herkommt und wie das Tier gelebt hat". Ansonsten ist er "Auswärtsvegetarier".
Es geht auch anders
Eine tiefe Wandlung, die von der Erkenntnis zeugt, dass man (massentauglich überzüchtete)Tiere nicht gnadenlos und brutal vermarkten muss, während der Boden in Gülle ertrinkt und schließlich nur noch Mais angebaut werden kann, weil das die einzige Pflanze ist, die den Fäkalien trotzt.
Sonntagsbraten
Schweisfurth hob nicht den Zeigefinger und predigte Moral, er machte es einfach anders und setzte für seinen eigenen Betrieb das Marktgesetz außer Kraft, das verlangt:
"Erstens billig, zweitens billig und drittens billig … Die Fleischkultur des 'Sonntagsbratens' war weitaus richtiger als unsere Kultur des 'Fleisches satt."
Schweisfurt will "Lebens-Mittel" erzeugen: "Achtsam und kultiviert und nicht ausbeuterisch und verschwenderisch."
Eine Frage der Moral
Die Hermannsdorfer Landwerkstätten sind kein Modell, um mal eben die Welt zu verbessern, wohl aber ein Beispiel, das nachahmenswert ist – "für Menschen, die von Tierquälerei à la Intensivhaltung buchstäblich die Schnauze voll haben – und das sind immer mehr."
Das Buch, das den langen Weg vom Metzger zum Auswärts-Vegetarier schildert, ist gespickt mit Fakten und Informationen, mit Anekdoten, persönlichen Erfahrungen und Lernprozessen, Erfolgen und Niederlagen. Es zeigt, dass Fleischkonsum eine Sache der persönlichen Moral geworden ist und des Bewusstseins, dass Tiere Anspruch auf ein artgerechtes Leben haben.
(Rita Oehme)
Karl Ludwig Schweisfurth "Der Metzger, der kein Fleisch mehr isst …"
oekom Verlag 2014, 208 Seiten, 19,95 Euro
eBook 15.99 Euro