Agnès de Lestrade und Valeria Docampo
Der kleine Prinz
"Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry ist eine weltbekannte Geschichte von Freundschaft und Liebe. Sie auf kindgerechte Weise neu zu erzählen ist also durchaus gewagt, aber Agnès de Lestrade findet einen wunderbar einfachen und leichten Tonfall für den kleinen Prinzen, und Valeria Docampo bebildert die Geschichte zart und liebevoll.
Havarie in der Wüste
Wie im Original taucht der kleine Prinz aus dem Nichts auf, als der Ich-Erzähler versucht sein Flugzeug zu reparieren, mit dem er in der Wüste havariert ist. Der kleine Prinz bittet ihn, ihm ein Schaf zu zeichnen. Da der Erzähler nur für wenige Tage Wasser hat, will er den kleinen Prinzen schnell loswerden und zeichnet eine Kiste; er behauptet, das Schaf sei in der Kiste. Zu seiner Überraschung ist der kleine Prinz damit zufrieden. Als er das Flugzeug bemerkt, fragt er, von welchem Planeten der Erzähler stamme, und so erfährt der Erzähler nach und nach mehr über die Herkunft des kleinen Prinzen, seine Ängste, Träume und Wünsche.
Man sieht nur mit dem Herzen gut
Die Nacherzählung seiner Odyssee über die verschiedenen Planeten des Königs, des Eitlen, des Trinkers, des Geschäftsmannes, des Laternenanzünders und des Geografen ist jeweils auf wenige markante Sätze reduziert, illustriert mit zarten und traumhaft verschwommenen Figuren, die an Tiere erinnern. Schließlich trifft der kleine Prinz auf den Fuchs, der ihn bittet, ihn zu zähmen. Das bekannte Zitat "Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das wesentliche ist für die Augen unsichtbar." lässt die Autorin stehen, obgleich es Dreijährige sicher noch nicht wirklich verstehen können, aber einige vertraute Sätze muss man ja auch dem erwachsenen Vorleser gönnen.
Gelungenes Wagnis
Die Bilder scheinen von einer anderen Welt zu sein, beim erwachsenen Betrachter stellt sich immer wieder das Gefühl ein, man sei im Weltall unterwegs - tiefblaue Sternenhimmel wechseln sich ab mit winzigen Planeten, auf denen nur ein Stuhl oder ein Wasserkessel zu sehen sind. Oder es wachsen Affenbrotbäume empor, die den gesamten Planeten zu verschlingen scheinen. Die Typografie hebt dezent einzelne Wörter heraus, um Wesentliches zu verdeutlichen. Das Wagnis, sich mit diesem Klassiker auseinanderzusetzen, ist auf überraschend originelle Weise gelungen. Das ist auch der Verdienst der traumhaften Bilder. Autorin und Illustratorin haben bereits erfolgreich für "Die große Wörterfabrik" zusammengearbeitet. (Iris Knappe)
Text: Agnès de Lestrade, *1964, französiche Autorin, schreibt Bücher, erfindet Gesellschaftsspiele und dichtet Lieder, seit 2003 sind zahlreiche erfolgreiche Bücher von ihr erschienen Illustrationen: Valeria Docampo, *1976 in Buenos Aires, wo sie auch ihr Diplom in Grafikdesign machte, ist Illustratorin von Kinderbüchern
Agnès de Lestrade und Valeria Docampo "Der kleine Prinz"
übersetzt aus dem Französischen von Anna Taube
Mixtvision Verlag 2019, 56 Seiten farbig illustriert, 15 Euro
Ab 3 Jahren