Über den Tellerrand
Eine Prise Heimat
Das Fusions-Kochbuch
Beim Kochen – und das ist nicht erst eine Erfahrung der letzten Jahre, als so viele Flüchtlinge wie nie zuvor nach Deutschland gekommen sind – gelingt Verständigung und Integration nahezu mühelos. Die Initiative "Über den Tellerrand" hat daraus ein Projekt gemacht, das sogar mit Sterneköchen funktioniert.
Faszinierende Idee
Studentinnen und Studenten aus Berlin hatten die Idee und kümmern sich in besonderer Weise um kulturellen Austausch und Integration. Sie laden regelmäßig zum gemeinsamen Kochen ein, und vor zwei Jahren gab es das erste Kochbuch: "Rezepte für ein besseres Wir". Die Idee ist so einfach wie faszinierend: Einheimische und Geflüchtete kochen nach den Traditionen hierzulande wenig bekannter Kulturen. Aber Kochen – das spürt man - ist auch ein Mittel gegen Heimweh und Trauer.
Fusion-Cuisine
Das neue Kochbuch geht noch weiter: Sterne- und Spitzenköche stehen gemeinsam mit Geflüchteten am Herd und kreieren neue Gerichte - ihre Fusion-Cuisine vereint verschiedene Traditionen, Geschmäcker und Kulturen. Das ist nicht nur ein großartiges Projekt, sondern auch ein wunderbares Kochbuch, in dem auf köstliche Weise ausprobiert worden ist, was zusammenpasst, was Heimatgefühle weckt und was kulinarische Exotik, Überraschung und Geschmack verbindet.
Kulinarische Überraschungen
Prominenz trifft Leidenschaft - und das sieht so aus: Ägyptisches Fatir, eine Art Pfannkuchen, trifft österreichische Zwetschgenröster und Limetteneis, Labneh, ein libanesischer Frischkäse, trifft gefüllte Zucchini-Türmchen; zum Party Snacking werden dreierlei Hummus, ein Hirse-Paranuss-Tabouleh und herzhafte Variationen von Sfiha serviert, das sind gefüllte Teigtaschen. Schwarzer Chai-Tee, Nationalgetränk mit Milch und unterschiedlichen Gewürzen, ist typisch für die pakistanische Küche. Man trinkt ihn zu Kichererbsen-Dhal, gefüllten Paprika mit Paradeiskraut und karamellisierten Griessnocken – eine pakistanisch-österreichische Fusions-Überraschung.
Gambisch vegetarisch
Wer weiß schon, wie gut Erdnüsse, Paprika, Ingwer, Mango und Koriander in einem Salat zusammenpassen, Kokosnuss, schwarze Linsen, Kirschtomaten und Süßkartoffeln sich zu einem gambisch-deutschen Eintopfgericht mischen, ganz und gar vegetarisch? Es gäbe da auch noch die syrische Lammkeule aus dem Ofen, Linsenvariationen mit pochiertem Ei, orientalische Gewürztaube, Ayran-Sorbet, Zitronentarte, Apfel-Mango-Risotto, Foul mit Fava-Bohnen oder Harissa-Küchlein mit Zitronennote.
Gegenseitiges Verständnis
Man lernt sehr viel in diesem deutsch-englischen Kochbuch – über Menschen aus der Fremde, über den kulinarischen Dialog zwischen fremden Kochtraditionen, über gegenseitiges Verständnis und Integration. Die Rezepte sind nicht immer ganz einfach nachzukochen (wenn man es ganz allein versucht), die Zutaten in der Regel im Supermarkt oder in Asienläden erhältlich. Zum Abschluss erfährt man auch, wer mit wem gekocht hat und welche regionalen Zutaten verwendet wurden.
Ein rundum gelungenes Kochbuch und eine klare Aufforderung, diesem Beispiel zu folgen und selbst mit Menschen zu kochen und zu essen, die aus Afghanistan, Syrien, Ägypten, Pakistan, Niger oder Peru zu uns gekommen sind. Solche Tafelrunden sind ein Vergnügen für alle Beteiligten. Der Verein 'Über den Tellerrand' hat es geschafft, dass mittlerweile in 25 Städten gemeinsam "interkulturell" gekocht wird.
(Christiane Schwalbe)
Über den Tellerrand "Eine Prise Heimat"
Das Fusions-Kochbuch
Münchner Verlagsgruppe 2016, 200 Seiten, 29,95 Euro