Jax Miller
Freedom’s Child
"Freedom’s just another word for nothing left to lose" – Janis Joplin machte die Songzeile ihres Freundes Kris Kristofferson unsterblich, und für Jax Millers Thriller ist sie das beste Leitmotiv. Viel hat Freedom Oliver nicht mehr zu verlieren. Sie schlägt sich als Barfrau in einem Rockerkaff in Oregon durch, mit harter Schale, großer Klappe und viel Alkohol gegen die Panikattacken.
Zeugenschutzprogramm
"Mein Name ist Freedom, und meine Lider sind schwer. Verkatert winde ich mich nackt auf dem zerwühlten Bett. Ein Geschmack im Mund, als wäre irgendwas darin verendet."
In ihrem alten Leben in New York, vor 20 Jahren, hieß sie Nessa Delaney, und sie ist im Zeugenschutzprogramm der Regierung, weil sie ihren Schwager ans Messer lieferte, nachdem sie ihren gewalttätigen Mann erschoss.
Leben unter Drogen
Wie die brutale Vergangenheit die Frau mit den vielen Geheimnissen einholt und sie ihr Leben dem Suff entreißt, beschreibt Jax Miller, Jahrgang 1987, die sich mit diesem Roman ihre eigenen Drogenerfahrungen vom Leibe schrieb, mit hohem Tempo und atemberaubender Intensität: Der Delaney-Clan, bis auf den behinderten Peter, ein besonders unangenehmer Trupp um den freigelassenen Schwager Matthew will sich rächen und sie und ihre Kinder finden, die sie vor 18 Jahren zur Adoption freigeben musste.
Trügerische Idylle
"Eine trauernde Mutter ist sie. Eine Frau, die nichts davon abhalten kann, die Kinder zu finden, die sie nie gekannt hat. Eine Frau, die alles aufgegeben und dabei mehr Schmerzen für sich in Kauf genommen hat, als er sich vorstellen kann."
Freedom rast mit einem gestohlenen Motorrad nach Kentucky, um ihre Tochter aufzuspüren, doch bei den christlichen Fundamentalisten, die sie aufzogen, schaut sie in einen weiteren unerwarteten Abgrund der amerikanischen Gesellschaft. Im Bible Belt, einer trügerischen Idylle mit Vollblutpferden und goldenen Weizenfeldern, herrschen unter christlichem Deckmantel Korruption, Missbrauch und Sklaverei.
Freiheit
Mit all diesen Fallstricken, die sich vor der wütenden und verletzten Frau auf ihrem Höllentrip auftun, ist der Plot überfrachtet und nicht sonderlich glaubwürdig. Aber ihr gnadenloser Blick auf ihr zerbrochenes Leben ist in Jax Millers Erstling gut getroffen und ihr Kampf gegen reale und eingebildete Dämonen eindrucksvoll in Szene gesetzt, denn es geht nicht nur ums Überleben, sondern um ihre Freiheit. Um Freedom eben.
(Lore Kleinert)
Jax Miller "Freedom’s Child"
Aus dem Englischen von Jan Schönherr
Rowohlt Polaris 2015, 368 Seiten, 14,99 Euro
eBook 12,99 Euro