Sibylle Lewitscharoff
Killmousky
Versprochen wird ein "grandioser Kriminalroman", ein "sprachliches Meisterwerk", und wenn sich die Büchner-Preisträgerin Sibylle Lewitscharoff das Genre des Kriminalromans vornimmt, sind die Erwartungen hoch.
Mord an reicher Frau
Die Zutaten sind gut gewählt: ein Kriminalkommissar außer Dienst, der beim Verhör eines Verdächtigen die Beherrschung verlor; der Mord an einer reichen Frau und ein blendend aussehender Ehemann, der – anders als der Kommissar – offenbar nicht "das arme Unterschichtskind aus Gerabronn ist, das es wie durch ein Wunder nach New York verschlagen hat."
Nicht wirklich spannend
Aus dem Kontrast zwischen dem unbeholfenen, nur mühsam englisch radebrechenden Kommissar Ellwanger und der Szene der Schönen und Reichen in New York, die ausgerechnet ihn mit der Ermittlung betrauen, hätten gute Krimiautoren sicher viele Funken geschlagen. Doch die Autorin lässt fast alle Gelegenheiten dazu aus.
Zwar stößt Ellwanger auf interessante Spuren, die ihn in die Hohenlohische Provinz zurückbringen und auf seinen Kontrahenten, den selbstsicheren Witwer, ein anderes Licht werfen. Doch wirkliche Spannung entsteht nicht, und offenbar ist Lewitscharoff der Fehleinschätzung erlegen, man könne das Genre parodieren, ohne seine Gesetzmäßigkeiten ernst zu nehmen.
Banale Vorurteile
Schlimmer noch: Ein guter Kriminalroman wildert weder in sprachlichen Klischees noch begnügt er sich damit, banalen Vorurteilen eines langweiligen Ermittlers als alleiniger Richtschnur zu folgen:
"Einen neuen Mann hätte er ihr von Herzen gegönnt, vielleicht wäre sie dann wieder erträglicher geworden … Der Butler musste das Lineal an jede einzelne Gabel und an jedes einzelne Messer gelegt haben … Ellwanger kamen solche im Eiltempo hingehauenen Gemälde immer wie entgrenzte Kindergartenkunst vor…" und so weiter.
Die "Tiefenahnungen" vom aufregenden Leben, das dieser Ermittler lieber nicht führt, sind es jedenfalls nicht, die diesen Versuch eines Krimierstlings zum Lesevergnügen werden lassen, im Gegenteil.
Zu hohe Erwartungen
Rührt dieses Missvergnügen auch von den zu hohen Erwartungen an eine, die einen Löwen erscheinen ließ, und mit ihm unerhörten philosophischen und kulturkritischen Reichtum? Immerhin lässt die Autorin hier einen Kater auftauchen und zum Bezugspunkt ihres behäbigen Helden werden, doch die gegenseitige Inspiration geht kaum über die Fütterung mit feingehackter Leber oder Fisch oder Herz hinaus und provoziert eher Überlegungen, warum Verfasser von Katzenkrimis in letzter Zeit eine seltsame Nähe zu politisch fragwürdigen Attacken pflegen.
Misslungene Absichten
Bleibt der Name des Katers: "Killmousky" ist passend, klingt schön und auch als Romantitel wunderbar einprägsam. Dass er der brav-tweedjackigen, britischen TV-Serie um Inspector Barnaby entliehen ist, lässt dann doch auf misslungene Absichten der Autorin schliessen.
(Lore Kleinert)
Sibylle Lewitscharoff *1954 in Stuttgart, deutsche Schriftstellerin, lebt in Berlin
Sibylle Lewitscharoff "Killmousky"
Suhrkamp 2014, 223 Seiten, 19,95 Euro
eBook 16,99 Euro, Audiobook 19,99 Euro, CD Download 12,99 Euro