Eli Cranor
Ozark Dogs
„Jeremiah hatte für sein Land gekämpft. Die Ideale seiner Jugend hatten ihm geholfen, den Krieg durchzustehen, aber währenddessen waren sie kaputtgegangen. Als er nach Hause kam, glaubte er nur noch an eins: die Flasche.“
Vergangenheit
Der Vietnamveteran Jeremiah Fitzjurls, ein hoch dekorierter Scharfschütze hielt den Frieden nur mit Alkohol aus, bis er zum Beschützer seiner geliebten Enkelin Jo wurde. Als sie nach ihrem Schulabschluss-Ball, frisch verliebt, nicht nach Hause kommt, auf den Schrottplatz mit den wilden Hunden, wo er sie großgezogen hat, ahnt er, dass die Vergangenheit ihren Preis fordert. Vor vielen Jahren erschoss Jos Vater, Jeremiahs Sohn, einen Sohn der Ledford-Familie im Streit. Dessen Bruder Evail, ein skrupelloser Drogendealer und desillusionierter Einzelgänger, will jetzt das Mädchen gegen Cristal Meth an mexikanische Gangster eintauschen.
Überlebenskampf
Cranor legt die alte Gewalt, die Schuld, den Schmerz und die Verluste, die seine Protagonisten erlitten haben, Schicht um Schicht bloß. Er kennt die verelendeten Gemeinschaften der ‚Ulsterschotten‘ in den Ozark Mountains in Arkansas aus eigener Erfahrung. Vor 200 Jahren kamen sie in der Hoffnung auf ein besseres Leben in die Täler, kämpften sich hoch, doch nach dem Zusammenbruch der Industrie, dem Ende der Atomkraftwerke dort drohen sie in Gewalt, rassistischen Rachephantasien und Drogenmissbrauch zu versinken. Nicht einmal von Verlockungen wie ‚Make America great again‘ ist hier die Rede, denn Selbsthilfe auf jegliche ungesetzliche Art liegt den Menschen, wie Cranor sie schildert, näher, und er verzichtet darauf, ihren Überlebenskampf zu beschönigen. Ihnen fehlen buchstäblich die Worte, um ihre Lage zu reflektieren, und auch Jeremiah konnte seiner begabten Enkelin Jo, die die Chance zu studieren ergreifen will, nichts von den Fallstricken ihrer Familiengeschichte nahebringen. Dass er sie zu sehr einengt, trägt schließlich mit dazu bei, sie in die Falle laufen zu lassen.
„Hinter der Tür dort existierten Gewalt und Blutlinien, die tiefer reichten als die Kalksteinhöhlen, die die Ozarks durchzogen. Er hatte schon mal versucht, ihr das alles zu erklären, wollte das, was passiert war, ausgraben und in Worte fassen, aber es war ihm nie wirklich geglückt. Für die Vergangenheit gab es keine Worte.“
Wahrheit
Verzweifelt kämpft die entführte junge Frau um ihre Freiheit, während ihr Großvater sich in seinem alten Tarnanzug aus dem Krieg, schwer bewaffnet und wieder betrunken, auf den Weg macht. „Er hob den Anzug in die Höhe. Auch nach über fünfzig Jahren roch er noch nach Blut. Blut war schwer rauszuwaschen und noch schwerer zu vergessen.“
Cranors Plot zwingt seine Personen in Konflikte und Entscheidungen, die viel über sie verraten. Besonders auf die Frauen richtet der Autor seinen Blick, auf Jo und ihre Mutter Lacey, an die sie sich nicht erinnert und die sich als drogensüchtige Prostituierte durchschlägt. Auf die Matriarchin des Ledford-Clans, Belladonna, die den Weg ihres Mannes Bunn in die Methproduktion missbilligt, noch immer um ihren toten Sohn trauert und doch nur kleinste Akte der Rebellion riskiert. Sheriff Mona McNabb ist eine besonders interessante Figur, eine noch relativ junge Frau, die aus den Fehlern ihres korrupten Vaters gelernt hat und entschlossen ist, das Recht durchzusetzen. Sie alle sorgen für einen Funken Hoffnung in diesem hochspannenden und bestens konstruierten Southern Noir, in dem Eli Cranor die Komplexität des Lebens in seiner Heimat erforschen will, den verschatteten Raum zwischen Richtig und Falsch ausleuchtet, um „einen Funken Wahrheit“ zu finden.
(Lore Kleinert)
Eli Cranor, *1988, US-amerikanischer Autor, bevor er zum Schreiben kam, war er Footballspieler in der Profi-Liga, lebt in Arkansas
Eli Cranor „Ozark Dogs“
aus dem Englischen von Cornelius Hartz
Thriller, Atrium Verlag 2025, 290 Seiten, 24,00 Euro
E-Book 18,99 Euro