Daniel Glattauer
Geschenkt
Als Journalist bei einer Gratiszeitung zu arbeiten, die per Postwurf und ungefragt im Briefkasten landet – das ist nicht unbedingt der Traum von einer Karriere. Auch nicht für Gerold Plassek, ein ziemlich heruntergekommener Vertreter seines Berufes. Versoffen, gelangweilt, verbittert.
Anonymer Spender
Eines Tages sitzt Manuel neben ihm im Büro, sein Sohn. Der weiß davon nichts, und auch Gerold ist von seiner Vaterschaft ziemlich überrascht worden. Aber seine Ex will mit Ärzte ohne Grenzen nach Somalia, da kann sie den 14jährigen nicht gebrauchen. Zeitgleich erscheint in der Gratiszeitung eine kleine Meldung von Gerold über ein Obdachlosenasyl, das mangels staatlicher Unterstützung geschlossen werden muss. Am nächsten Tag landet dort eine anonyme Spende: in einem Briefumschlag stecken 10 000 Euro.
Auf dem richtigen Weg
Damit beginnt ein soziales Märchen. Gerold, zuständig für Soziales im piefigen Werbeblättchen, schreibt über soziale Missstände und erntet Geld für bedürftige Initiativen oder in Not geratene Menschen – stets werden 10 000 Euro gespendet. Manuel arbeitet tatkräftig mit, und zwischen Vater und Sohn entwickelt sich eine intensive, anfänglich nur sachbezogene Beziehung, die zunehmend emotionaler wird, den Vater vom Suff wegführt und im Sohn den Ehrgeiz weckt, seinen verlotterten "Freund" auf den richtigen Weg zu bringen. Noch ein schönes Märchen.
Soziale Wärme
"Geschenkt" ist ein heiterer Roman über einen anonymen Wohltäter, über verborgene Gefühle und soziale Wärme in einer Gesellschaft, in der es nur noch um Geld und Macht geht. Zugleich ist er ein bissiges Lehrstück über Medienmacht und -konkurrenz und über die Tatsache, dass Geld erst dann wirklich glücklich macht, wenn viele etwas davon haben. Glattauer hat das Talent, fiktive soziale Netze zu spinnen, die eigentlich undenkbar sind und sich ebenso spannend wie unerwartet entwickeln. So wird aus anfänglicher Utopie eine verblüffende Realität und aus einem hoffnungslosen Säufer ein engagierter Journalist.
Die Welt braucht eben Märchen – erst recht, wenn sie wahr werden und die beteiligten Personen so sympathisch sind wie in Glattauers Roman.
(Christiane Schwalbe)
Glattauers Roman liegt das sogenannte "Wunder von Braunschweig" zugrunde. In dieser Stadt begann im November 2011 eine Serie anonymer Geldspenden für soziale und karitative Einrichtungen und in Not geratene Einzelpersonen.
Daniel Glattauer "Geschenkt"
Deuticke 2014, 336 Seiten, 19.90 Euro
eBook 15,99 Euro
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