Daniel Kehlmann
Ruhm - Ein Roman in neun Geschichten
Die Literaturkritik pendelt zwischen Verriss und Lob, ist uneins über Buch und Bestsellerautor, der nach seiner grandiosen "Entdeckung der Welt" etwas komplett anderes vorlegt: einen Roman aus neun Geschichten. Der Titel "Ruhm" dürfte angesichts der Berühmtheit des jungen Schriftstellers ironisch gemeint sein.
Intellektuelles Spiel
Kehlmann präsentiert uns ein intellektuelles Spiel mit Personen, die allesamt mit der virtuellen Welt auf Kriegsfuß stehen, sich gleichwohl beruflich oder privat dort aufhalten, mit ihr in Konflikt geraten und die Orientierung verlieren. Die Geschichten sind geschickt miteinander verknüpft, und man muss schon sehr aufpassen, um alle versteckten Bezüge zu entdecken.
Als Leser wissen wir immer ein bisschen mehr als die Romanfiguren, irgendwie kennen wir sie auch als "Typen", sie haben Ähnlichkeit mit Menschen, die uns wahrhaftig oder literarisch schon mal begegnet sind.
Virtuelle Welten
Kehlmann erzählt die Geschichten von neun Personen. Aber es sind "Geschichten in Geschichten in Geschichten. Man weiß nie, wo eine endet und eine andere beginnt. In Wahrheit fließen alle ineinander. Nur in Büchern sind sie säuberlich getrennt." Sagt Leo, der Schriftsteller, der mit einer "Ärztin ohne Grenzen" durch die Welt reist, die nichts auf der Welt mehr fürchtet, als eine Figur in einem seiner Romane zu werden. Eine andere Frau ist krebskrank und will ihrem Leben ein Ende setzen, bittet ihren Schöpfer dann aber doch inständig, sie aus dieser Romanrolle zu entlassen.
Ein Mann kauft sich ein neues Handy und bekommt ständig Anrufe, die nicht ihm, sondern einem berühmten Schauspieler gelten. Er gefällt sich zunehmend in dieser Rolle. Der Schauspieler indes wird nicht mehr angerufen und fühlt sich von der Welt vergessen.
Schein und Sein
Kehlmann spielt mit Schein und Sein, mit Klischees der virtuellen Welt und mit echten Menschen, die im Leben nicht mehr zurechtkommen. Er spielt aber auch mit dem Leser, mit seinen Wahrnehmungen und Schlussfolgerungen, führt ihn in die Irre und wieder heraus. Es ist ein virtuoses, verwirrendes, manchmal allzu konstruiertes Netz aus Wahrheit und Dichtung.
Vergnüglich zu lesen
Ein kluges, witziges und hintergründig philosophisches Buch, intelligent konstruiert und virtuos erzählt. Kaum erschienen, war der Roman schon in den Bestsellerlisten, allen negativen Besprechungen zum Trotz. Was nicht verwundert. Wer den in über 40 Sprachen übersetzten Roman "Über die Vermessung der Welt" gelesen hat, der sich ebenso vergnüglich wie klug und kundig mit der Arbeit von Alexander von Humboldt und Karl Friedrich Gauß auseinander setzt, erwartet nur Bestes von diesem jungen Autor.
(Christiane Schwalbe)
Daniel Kehlmann, Ruhm- Ein Roman in neun Geschichten
Rowohlt Verlag 2009, 6. Auflage, 203 Seiten, 18,90 Euro, rororo Taschenbuch 8,99 Euro,
eBook 8,99 Euro, AudioBook 25,99 Euro
Weiterer Buchtipp zu Daniel Kehlmann
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