Volker Hage
Die freie Liebe
Ein pensionierter Literaturkritiker schreibt seinen ersten Roman. Über das lange zurückliegende Experiment, in den 1970er Jahren die freie Liebe nicht nur wortreich zu diskutieren, sondern auch praktisch umzusetzen. Beides ist nicht wirklich geglückt.
Aufregende Zeiten
Denn eigentlich ist das gar kein Roman, den Volker Hage, ehemaliger Literaturkritiker beim "Spiegel", vorlegt, sondern ein Tagebuch, in dem er Fiktion und Autobiografisches allzu offensichtlich vermischt. Wir gehen mit ihm zurück in die wilden 1970er Jahre, als Uschi Obermeier und Rainer Langhans Schlagzeilen machten und die legendäre Zeitschrift "twen" provokativ und im Geist einer neuen und aufregenden Zeit die sogenannte sexuelle Revolution begleitete.
Nochmal von vorn
Aus dem beschaulichen Lübeck zieht es Wolf nach München, um dort Germanistik zu studieren. Im Handgepäck Zitate von Goethe bis Henry Miller und Philip Roth und im Kopf die Begeisterung für's Programmkino und seine Filme abseits des Mainstream. Lissa verdreht ihm in einer leidenschaftlichen Affäre den Kopf, ist aber verlobt mit Andreas, den sie später heiratet. Wolf kommt erneut nach München, die Chose geht von vorne los – und wieder schief.
Männerphantasien
Obsessiv, über lange Strecken naiv und – mit Verlaub – ziemlich kitschig kommt diese Geschichte daher, bei der es sich doch vor allem um altherrliche Männerphantasien handelt – eine Erkenntnis fehlt, meint: Was steckte eigentlich hinter diesem öffentlich und privat ausgelebten Versuch einer von bürgerlichen Zwängen befreiten Liebe, hinter der Ablehnung üblicher Moralvorstellungen? Stattdessen begegnen sich die einstigen Konkurrenten (Rivalität war ja tabu) im Alter wieder – gut situiert und innerlich geläutert laben sie sich an Sancerre und Lammrücken und träumen sich zurück in alte Zeiten. Von der Frau und ihrer Geschichte keine Spur. Irgendwie typisch.
(Christiane Schwalbe)
Volker Hage *1949 in Hamburg, Journalist, Literaturkritiker und Schriftsteller
Volker Hage "Die freie Liebe"
Luchterhand 2015, 160 Seiten, 16,99 Euro
eBook 13,99 Euro