Dita Zipfel und Bea Davies
Brummps. Sie nannten ihn Ameise
Jonny A - A steht für Ameise - steckt gerade richtig tief drin, in einem Haufen Fuchskacke, seine Freundin Butz versucht, ihn zu befreien. „Also, Jonny hat viele Stärken, aber riechen ist keine davon.“
Hummeln im Bauch
Jonny ist anders als die anderen Ameisen, er riecht schlechter, sieht nur unscharf, und Butz, seine beste Freundin, muss ihm immer berichten, was im Inneren des Ameisenhügels geschieht. Jonny kommt da nämlich nicht rein, er ist einfach zu dick. Einmal hat er es versucht, aber danach mussten die Bauameisen tagelang den Eingang reparieren.
Er träumt davon, eine ganz normale Ameise zu sein, doch dann fängt er auch noch an, innerlich zu brummen; „Wie ‘ne Horde Hummeln im Bauch!“ Ängstlich macht er sich auf die Suche nach Doc Schwester. Leider trifft er dabei auf Oberbossi, die Chefin der Bossis, und das ist keine gute Freundin. Die Bossis machen sich schon lange lustig über ihn, die fette Ameise. Oberbossi weiß leider auch, dass er nicht so gut sehen kann und gibt sich als Doc aus, um ihn reinzulegen.
Abenteuer Wildnis
Sie diagnostiziert den Brummps.
„,Und was ist der Brummps?‘ ,Das ist gefährlich.‘ … ,Oh nein, du meinst, ich bin eine Gefahr für den ganzen Hügel?‘ ,Abzolut! Und es gibt kein Mikidament!‘“
Spätestens hier hätte auch Jonny etwas merken müssen, aber er ist viel zu gutgläubig. Und so macht er sich auf, den Ameisenhügel zu verlassen. Butz geht mit ihm. Er kann sie so oft abweisen, wie er will, sie folgt dem Freund trotzdem - das Abenteuer in der Wildnis beginnt. Sie bauen sich eine „Lumu“, eine Luxusmulde mit siebenfacher Moosdämmung und einer Selbstschussanlage aus Springkraut und schlagen ihr Lager dort auf, wo es gerade besonders schön ist - unter Pilzen oder Baumwurzeln.
Reise zu sich selbst
Jonny ist nicht das, was man sich unter einem Helden vorstellt - dick, etwas einfältig und furchtsam, dennoch geht der Leser mit ihm auf eine Heldenreise. Jonny muss jede Menge Ängste ausstehen, bis er zu sich selbst findet. Er entdeckt schließlich, dass er keine Ameise, sondern ein Mistkäfer ist.
Auf dem Höhepunkt der Geschichte tanzt Jonny mit Käferin Maggie auf einer Mistkugel und findet mit ihr endlich auch die große Liebe. Jonny spürt zum ersten Mal, dass sein Anderssein gut ist. Butz hat ihn zwar schon immer positiv gesehen: „Du bist die größte Ameise der Welt! Eine Attraktion! Jonny fühlt sich noch wie ein Problem auf sechs Beinen …“, aber das ist jetzt mit Maggie endgültig vorbei, und es endet, wie es anfing - in einem Haufen. Jonny hat seine „Käfer-Identität" endlich gefunden.
Mut zum Anderssein
Dita Zipfel zeigt eine Reise zu sich selbst. Jonny ist keine Ameise und wird auch nie eine sein, aber nachdem er gelernt hat, zu seinen Schwächen und Stärken zu stehen, kann er auch glücklich sein. Es gibt viele Kinderbücher, die sich mit dem Thema Außenseiter und Anderssein beschäftigen, aber Zipfel erzählt mit so viel Wortwitz und Skurrilität, dass auch die Vorlesenden ihren Spaß haben werden.
„Willst du die lange oder die kurze Version?“, fragt sie ihre Leser. Die lange natürlich, möchte man ihr zurufen, denn die genauen Schilderungen von Stimmungen und Atmosphären und der Ideenreichtum von Autorin und Illustratorin machen richtig Spaß.
Die Illustrationen sind Teil der Geschichte. Der Schreck über den Brummps zum Beispiel nimmt eine ganze Seite ein, man spürt, wie die Schockwellen durch Jonnys Körper gehen. Die Illustrationen sind in den Farben Orange und Schwarz gehalten, und die Schrift brummt buchstäblich - unruhig, wellenförmig und immer größer werdend. Aber die beiden Käfer Maggie und Jonny sind im Glück und scheinen trotz ihrer Körperfülle vor dem Mond zu schweben.
Ein Mutmachbuch für alle ab 6 Jahren.
(Iris Knappe)
Dita Zipfel, *1981, schreibt Kinderbücher, Theaterstücke und Drehbücher und lebt in Berlin.
Bea Davies, *1990, arbeitet als freie Illustratorin und Comiczeichnerin und lebt in Berlin.
Dita Zipfel und Bea Davies „Brummps. Sie nannten ihn Ameise“
Hanser Verlag 2022, 136 Seiten, 15 Euro
Ab 6 Jahren