Tobias Elsäßer
Play
Jonas will nicht werden wie sein Vater, aber die App, genannt die MASCHINE, sagt ihm genau das voraus. Er wehrt sich und versucht sich gegen die Vorhersage zu stemmen.
Aufbruch
Jonas hat gerade die Schule abgeschlossen, auf der Abifeier kommt er seiner Lehrerin Anne näher. Er befürchtet schon, dass er ihren Kuss am nächsten Tag auf den Social-Media-Kanälen wiederfinden wird, aber irgendwie sind sie unter dem Radar geblieben. WhatsApp und Instagram laufen am nächsten Morgen heiß:
"Breaking News und jede Menge Gossip. Wer mit wem gesehen wurde … Tränen-Emojis, Herzen-Emojis, unscharfe Poser-Bilder und Filmchen vom Abiball und den Partys danach."
Seine weitere Sorge gilt der MASCHINE, einer App, die, gefüttert mit allen Daten, die im Netz über eine Person existieren, die Zukunft vorhersagt:
"Diese Party und dieser Kuss, der noch immer auf meinen Lippen brennt. Dann denke ich an die MASCHINE und weiß, dass der Kuss erst der Anfang war. Dass mein Leben so sein wird, wie ich es mir vorstelle: unberechenbar.“
Erstmal bricht er ziemlich berechenbar zu einer dreimonatigen Reise auf. Er schnappt sich einen alten Rucksack und stellt sich an die nächste Autobahnraststätte. Dort trifft er auf Sun und ihre Freundinnen, und gemeinsam geht es los. Nach einer Party mit viel Alkohol und Drogen fährt Jonas mit Sun in das Ferienhaus ihrer Eltern mitten in Wald und Bergen.
Die MASCHINE
Für seine Reise hat er ein Regelwerk aufgestellt, will sich nur von Zufällen leiten lassen, um die MASCHINE zu überlisten. Sun erzählt er erstmal nichts von der MASCHINE, eine seiner Regeln, sie glaubt, im Gegensatz zu ihm, nicht an Zufälle:
"'Das Wenigste im Leben ist zufällig. Das bilden wir uns nur ein. Man muss sich ziemlich anstrengen, um herauszufinden, was der ureigene Plan ist. … Aber was ist dann der Sinn deiner weltlichen Pilgerreise?‘ … Ich will nicht berechenbar sein', sage ich."
Sun hält das für eine egoistische Attitüde und spürt, dass er nicht ganz ehrlich zu ihr ist. Die MASCHINE bleibt für Jonas unverständlich, sie verändert die Farbzuordnung für seine Kontakte immer mal wieder und er kommt nicht hinter das System, das er gerne manipulieren möchte. Als er Sun schließlich doch davon erzählt, versucht sie ihm klarzumachen, dass es nur darum geht, Daten abzuschöpfen. Wie sich am Schluss herausstellt, folgt Sun ihrer eigenen Agenda und nutzt die technischen Möglichkeiten auch für ihre Zwecke.
Künstliche Intelligenz und klassischer Roadtrip
Jonas verlässt sich voll auf eine App, gibt damit seine Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung auf, auch wenn er denkt, dass er sie gerade dadurch erlangt. Elsässer beschreibt in seinem Jugendroman Möglichkeiten, die durch KI nicht mehr fern sind. Das gelingt ihm kenntnisreich und auf dem aktuellen Stand der Technik. Er beschreibt glaubhaft, wie sich Jonas von der MASCHINE beeinflussen lässt. Gleichzeitig ist es eine klassische Coming of Age Geschichte, die mit einem Roadtrip verbunden wird. Dabei wird der Leser mit recht viel Sex, Drugs and Rock’n Roll konfrontiert. Der 18-jährige Held hat nicht nur Sex mit seiner Lehrerin, er probiert auch sonst einiges aus, so dass man zumindest die Altersempfehlung überdenken sollte.
"Play“ ist ein spannender und leicht zu lesender Jugendroman. Elsäßer zeigt darin außerdem sowohl die beeindruckende, als auch die problematische Seite von Künstlicher Intelligenz auf.
(Iris Knappe)
Tobias Elsäßer, *1973 in Stuttgart, ist Autor zahlreicher Romane, Jugendbücher und Drehbücher, er ist Musiker und Songwriter, lebt in der Nähe von Stuttgart
Tobias Elsäßer "Play"
Carl Hanser Verlag 2020, 272 Seiten, 16 Euro
eBook 11,99 Euro
laut Verlag ab 14 Jahren