Olen Steinhauer
Die Kairo-Affäre
Thriller
Aktion Stumbler – von der CIA entworfen und wieder ad acta gelegt: Geplant war der Sturz des libyschen Diktators Gaddafi, doch angesichts des arabischen Frühlings schien eine Intervention der USA als unklug.
Geheime Pläne
Umso unverständlicher, dass Teile des geheimen Plans offenbar doch umgesetzt werden. Jibril Aziz, ein Agent des Geheimdienstes, dessen Vater von Gaddafis Schergen ermordet wurde, reist von Kairo aus nach Libyen, um seine Kontaktleute zu retten. Sophie Kohl, Diplomatengattin in Budapest, scheint nichts von diesen Plänen zu wissen, doch als ihr Mann Emmett vor ihren Augen erschossen wird, reist sie nach Kairo.
Suche nach Wahrheit
Dort hatten sie gelebt, und Schritt für Schritt erfahren die Leser, dass Emmett verdächtigt wird, wichtige Informationen weitergegeben zu haben – und dass Sophie Kohl tiefer in geheime Machenschaften verstrickt ist als es den Anschein hatte. Ihr Mann wusste von ihrer Affäre mit Stan Bertolli, dem CIA-Mitarbeiter an der US-Botschaft in Kairo, und Stan wiederum hatte ihren Mann in Verdacht und soll ihr jetzt helfen, die Wahrheit zu finden, in einer Gesellschaft kurz vor dem Aufstand.
"Er dachte an diese Ägypter, durch deren Welt er jeden Tag ging – wie viele Freunde hatte er unter ihnen? Keine. Er und seine Kollegen waren Geister in dieser Stadt, die nur untereinander verkehrten, als wären die Einheimischen allein dafür da, für Strom und Wasser und ihr leibliches Wohl zu sorgen."
Schuld und Verdrängung
Olen Steinhauer betrachtet die politischen Verhältnisse aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Akteure, deren Interessen zwischen Gier, Abenteurertum, Verantwortung und nationaler Anmaßung schwanken. Geschickt verknüpft er die Geschichte um Verrat und Gewalt mit den jeweiligen Erfahrungen seiner Protagonisten: Sophie Kohl, die vor 20 Jahren auf ihrer Hochzeitsreise im beginnenden Balkankrieg Schuld auf sich geladen und zu vieles verdrängt hat; Omar, der Vertreter des ägyptischen Geheimdienstes mit dem scharfen Blick für alles Ungewöhnliche; die Serbin Zora, deren nationalistischer Fanatismus der Geldgier gewichen ist.
Komparse statt Akteuer
Schließlich John, der Gedichte liebt und im Geflecht der Geheimdienste lieber Komparse bleiben möchte. Doch das ist – wie in allen guten Spionagethrillern von Le Carré bis Robert Littell – kompliziert.
"Mit einer Leiche auf dem Gewissen und einem Beschatter unten auf der Straße fragte er sich, wie es ihn hierher verschlagen hatte, aber er kannte die Antwort gut genug, um zu wissen, dass die Frage sinnlos war. Man segelt durchs Leben, stößt unterwegs auf Hindernisse und Entscheidungen, bis man schließlich Blut an der Hose hat und die Paranoia sich einem in die Schultern krallt."
Politische Spiele
Durch Rückblenden und Perspektivwechsel verändert sich das Bild dessen, was ist und was war, wie im Kaleidoskop, und mit dem Wissen um den Verlauf des arabischen Frühlings ist es für die Leser umso reizvoller, den eigenen Begrenzungen und Vorurteilen auf die Spur zu kommen. Ein spannender und elegant konstruierter Roman über gefährliche politische Spiele, deren Ausgang ungewiss ist.
(Lore Kleinert)
Olen Steinhauer, *1970 in Virginia/USA, Krimi-Autor, lebt in Budapest
Olen Steinhauer "Die Kairo-Affäre" Thriller
aus dem Amerikanischen "The Cairo Affair" übersetzt von Rudolf Hermstein
Karl Blessing Verlag 2014, 496 Seiten, 19,99 Euro
eBook 15,99 Euro
Weiterer Buchtipp zu Olen Steinhauer
Die Spinne
Thriller