Friedemann Hahn
Foresta Nera
"Die Erinnerung ist dein Feind. Dein wahrer Feind."
Die Männer, die in diesem düsteren Roman aufeinander treffen, sind durch ihre Erinnerungen miteinander verbunden, so wie die Väter, die aus dem Krieg ins Nachkriegsdeutschland heimkehrten und nicht mehr darüber sprachen.
Neue Identitäten
Diese Männer allerdings verbindet mehr als nur der Krieg. Sie mordeten für Wehrmacht und SS, und viele von ihnen tauchten in der Fremdenlegion unter, die neue Identitäten bot. Und in Indochina und Algerien die Fähigkeiten von Mördern und Schlächter zu schätzen wusste und verfeinerte.
"Da waren sie nun alle versammelt. Die edle Mörderbande, und er nahm sich nicht aus. Die Schlachtknechte von einst, die Henkersknechte, die Söldner, die Legionäre. Der Schnaps wurde in Wassergläsern herumgereicht oder directement aus den Flaschen. Sie waren nie zimperlich gewesen."
Ein Toter auf Urlaub
Vom Krieg verwüstet sind sie alle, die Nazis, die im Polizeidienst, Bundesgrenzschutz oder Geheimdienst untergekommen sind, die Veteranen der Schlacht von Dien Bien Phu, die Gangster im verlockenden Grenzgebiet zwischen Baden, Elsass und der Schweiz. Cremer, der bei der Wasserschutzpolizei unterkam, wird mit einem geheimen Auftrag betraut, denn eine Wehrsportgruppe scheint Waffenschmuggel in großem Stil vorzubereiten, und ein Unbekannter richtet alte Kameraden hin. Cremer selbst war in Indochina, und auch ihn holt seine SS-Vergangenheit wieder ein.
"Meine Ehre heißt Treue. Er konnte es nicht mehr hören. Doch er kam nicht davon los. Er hatte sich nicht würdig gezeigt. Das war nicht mehr zu ändern."
Immer wieder fällt der Name Meiers, doch dieser Mann heißt längst Colmar, die Legion war seine Heimat und er sucht eine Frau, die es schon lange nicht mehr gibt – ein Toter auf Urlaub, der eine blutige Spur hinterlässt.
"Seit Achtundfünfzig steckt eine Kugel in meinem Schädel, sprach er mit dem toten Korsen. Direkt unter dem Glasauge. Nach dem Unfall, der explosion fantastique . Das Scheißauge hing an ein paar Fäden. Da hab ich’s abgerissen. Seitdem wandert das Blei und hinterlässt Spuren in meinem Schädel. Das heißt, das Ende ist vorprogrammiert. Aber irgendwie ist es merkwürdig. Ich gehe nicht drauf. Ich fühle mich gut."
Kinder des Krieges
Friedemann Hahn, der Maler aus dem Schwarzwald, der längst im Norden lebt, zeichnet in seinem ersten Kriminalroman ein düsteres Bild der frühen Sechziger Jahre im deutsch-französischen Grenzgebiet, als Kriegstraumata und neue kriminelle und politische Machenschaften sich untrennbar vermischt hatten, zu einer Gemengelage, die die Gesellschaft bis weit über 1968 hinaus prägte.
Die Männer, von denen er erzählt, sind grausam, leer, nett zu ihren Hunden, gelehrige Schüler unmenschlicher Systeme, Kinder des Krieges. Wer glaubt, dass Erzählungen wie diese überholt sind, macht sich gnädige Illusionen. Ein harter Krimi noir, der auf eine unbequeme Reise in einen sehr schwarzen Wald mitnimmt.
(Lore Kleinert)
Friedemann Hahn, *1949 in Singen/Bodensee, Maler mit Professur an verschiedenen Kunsthochschulen, Krimiautor, lebt in Schleswig-Holstein
Friedemann Hahn "Foresta Nera"
Kriminalroman, Polar Verlag 2018, 16,00 €
eBook 14,99 Euro