Christopher Brookmyre
Die hohe Kunst des Bankraubs
"Ocean’s Eleven" lassen grüßen: Eine Gruppe kunstsinniger und einfallsreicher Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft räumt eine Bank in Glasgow aus, elegant, unblutig und mit Witz – getarnt als eine Truppe von Clowns, die sich professioneller Choreografie bedienen:
"Einer der Clowns war ein Liliputaner (Michelle fiel die aktuell politisch korrekte Bezeichnung nicht ein, aber in ihrem Zustand musste alles außer Giftzwerg als zuvorkommend höflich gelten), der mit kunstvollen Saltos zwischen zwei anderen in der Truppe hin- und herflog und immer wieder mit dem Fuß in ihren verschränkten Händen landete. Die meisten Kunden waren bedauerlicherweise begeistert."
Frech und respektlos
Die Begeisterung hält sich, auch beim Leser, zumal mit der Bankangestellten Michelle oder dem Straßenmusiker Andy muntere Blickwinkel auf das Geschehen möglich sind, in oder vor der Bank. Und das zeichnet Christopher Brookmyres Art, diesen Krimi zu komponieren, besonders aus – einfallsreiche Perspektiven, ein frecher, respektloser Ton, so wie die Leute denken, es aber nicht aussprechen würden, und der Leser sitzt direkt in der Szenerie und hat daran teil.
Erinnerung an eine Traumwelt
Hinzu kommt, dass der Autor mit Zal Innez einen Helden hat, der selbst gezwungen wurde, die Bank zu überfallen, dies aber auf einzigartige Weise tut und darüber hinaus seine eigentlichen, viel weiter gehenden Ziele nicht aus dem Auge verliert. Immerhin stammt sein Vater aus Glasgow und wurde vom Juniorchef des mexikanischen Drogenkartells Estobal ums Leben gebracht.
"Komischerweise kommt mir Glasgow jetzt wie eine Traumwelt vor. Ich hab die Mythen meiner Kindheit live gesehen, und sie kommen mir unglaublicher vor als die ganze künstliche Stadt, in der ich aufgewachsen bin. Manchmal erscheint mir Glasgow wie ein Vergnügungspark oder eine Filmkulisse…Mir kommt’s vor, als könnte ich dort alles machen, weil nichts echt ist. Meinst Du, ich würde mich zu Hause trauen, eine Bank zu überfallen?"
Schicksalhafte Begegnung
In diese unwirkliche Szenerie zwischen Slapstick und ernsthaften und sehr harten Missetaten baut Christopher Brookmyre eine schicksalhafte Begegnung ein: Die Polizistin Angelique de Xavia wird direkt vom Spiel der Glasgow Rangers, deren erklärter Fan sie ist, zur Bank beordert und gegen ihren Willen in den genialen Fluchtplan eingebaut. Wenig später sitzt sie dem Bankräuber gegenüber, nimmt einen Drink, und noch ein wenig später wird sie ein Wochenende mit ihm in Paris verbringen, über Kunst und Zaubertricks plaudern, fast alles über ihn erfahren, und, naja, noch einiges mehr erleben.
Hohe Kunst des Bankraubs
Nach der Rückkehr kommt es zum großen Showdown, und wieder spielen Kunstwerke eine tragende Rolle, diesmal im Dalriada Museum für moderne Kunst. Christliche Fundamentalisten planen dort einen Protest, und selten ist die Komik solcher Missionen besser bloßgelegt worden als in diesem kunstvoll verknüpften Seitenstrang der Handlung. Wichtig sind das Timing, die Rivalitäten zwischen den Gangstern und schließlich auch die Rache, und die Leser hoffen auf ein angemessen kunstvolles Ende – und da haben sie Glück, mit diesem witzigen und rasanten Traktat über die "hohe Kunst des Bankraubs".
(Lore Kleinert)
Christopher Brookmyre, *1968 in Barrhead/Glasgow, schottischer Schriftsteller
Christopher Brookmyre "Die hohe Kunst des Bankraubs"
Kriminalroman, übersetzt von Hannnes Meyer Galiani Berlin 2013, 384 Seiten, 14,99 Euro
eBook 12,99 Euro, Audiobook 14,99 Euro
Weiterer Buchtipp zu Chris Brookmyre:
Dunkle Freunde