Declan Burke
Eight Ball Boogie
"Die Wahrheit ist wie eine kaum verheilte Wunde, an der man besser nicht rumfummelt." Für einen Privatermittler ein zweifelhafter Grundsatz, doch Harry Rigby hat andere Sorgen als moralischen Bedenken nachzuhängen. Als die Frau eines Lokalpolitikers ermordet wird, glaubt er nicht an Selbstmord und hofft auf eine dicke Story für ein Revolverblatt.
Zu viele Zigaretten
Dass sein neuer Auftraggeber der lokale Gangsterboss Frank Conway ist, dessen Frau er wegen möglicher Untreue beschatten soll, irritiert ihn zwar, doch Rigby braucht jeden Cent. Seine Freundin Denise hat ihn verlassen, jedenfalls mehr oder weniger, und er tut alles, um seinem vierjährigen Sohn Ben eine Freude zu machen, ein Getriebener, den die Schwierigkeiten, durch die er sich durchzulavieren versucht, zuverlässig einholen. Das Magengeschwür, das ihn wegen zu vieler Zigaretten und Kaffees plagt, ist dabei nur das kleinste Übel. Declan Burke hetzt ihn in seinem ersten Kriminalroman durch ein ganzes Arsenal von tödlichen Fallen, etwa wenn Rigby von Kugeln getroffen im Fluss versinkt, wieder auftaucht und am Eingang einer verlassenen Lagerhalle liegt:
"Sterbend und so stark zitternd, dass mein Körper zersplitterte, ich konnte geradezu hören, wie er zu Bruch ging. Ganz langsam und präzise fing ich an, die Einzelteile wieder zusammenzusetzen. Ein paar Stücke blieben übrig, als ich damit fertig war, also ließ ich sie einfach weg und tat so, als würde ich es nicht bemerken."
Überlebenskünstler
Diese Art sarkastischer Selbstbeobachtung macht aus Harry Rigby einen nordirischen Überlebenskünstler, dem man nichts übelnimmt. Seine Fähigkeit, sich wie beim Billard auf die ständig wechselnden Konstellationen des Verlierens einzustellen, am Abgrund zu balancieren und dennoch seine Haut zu retten, versöhnt mit allen noch so fantastischen Wendungen des Plots. Zu allem Überfluss kehrt auch noch Gonzo aus dem Knast zurück, sein dunkler Bruder, ein Soziopath, der ihm und allen anderen aus purem Vergnügen Schaden zufügt:
"Ganz der alte Gonzo, der keine Gewissensbisse kannte, dessen dünne Fassade des Bedauerns sich mit einem einzigen knappen Faustschlag verflüchtigt und seine hässliche Fratze bloßgelegt hatte."
Große Klappe
Drogenhandel, politische Korruption und Mord verquicken sich in der nordirischen Kleinstadt Sligo unweit von Belfast zu einem kaum durchschaubaren Netz, in dem sich der glücklose Harry Rigby immer wieder zu verfangen droht – bis er mit der nächsten unerwarteten Volte aufwartet und seinen frechen Charme mit unheilbar großer Klappe zum Einsatz bringt, von Robert Brack erstklassig übersetzt. Nordirische Terroristen haben ihre Waffen keineswegs alle abgegeben, sondern spielen in dieser Zeit des irischen Booms ihre eigene gierige und bösartige Rolle. Wenn sein Sohn ins Spiel kommt, erwachen jedoch erstaunliche Kräfte in Declan Burkes abgehalftertem Helden, der weiß, worauf es beim Einlochen der schwarzen Kugel ankommt:
"Die Dinge entwickeln manchmal ihr Eigenleben. Man hat schon Pferde kotzen sehen."
(Lore Kleinert)
Declan Burke, *1969 in Nordirland, irischer Krimiautor, Buch- und Filmkritiker, lebt bei Dublin
Declan Burke "Eight Ball Boogie"
Aus dem Englischen übersetzt von Robert Brack
Kriminalroman, Nautilus Verlag 2018, 272 Seiten, 18 Euro
eBook 14,99 Euro
Weiterer Buchtipp zu Declan Burke
"Slaughter’s Hound"