Peter May
Blackhouse
Vom stürmischen, nördlichen Rand Europas, der schottischen Hebrideninsel Lewis, kommt der neue Krimi von Peter May (dessen legendäre China-Krimis leider seit Jahren vergriffen sind). Und um es gleich vorweg zu nehmen: Er ist eine Wucht!
Mord auf einer Hebrideninsel
Die Geschichte geht zunächst langsam an. Der von dieser Insel stammende, aber seit Langem in Edinburgh lebende Ermittler Fin Mcleod wird nach Lewis entsandt, um die dortige Polizei bei der Aufklärung eines Mordfalls zu unterstützen. Der Insulaner Angel Macritchie wurde ähnlich unappetitlich zugerichtet wie zuvor bereits ein Toter auf dem Festland. Fin soll herauskriegen, ob für beide Morde derselbe Täter in Frage kommt. Er forscht nach, trifft etliche frühere Schulfreunde, auch seine Teenagerliebe ? und wird mit Geschehnissen aus seiner Jugend konfrontiert, denen er sich stellen muss. So weit, so Krimi-typisch.
Archaischer Brauch: die Jagd auf den Basstölpel
Aber dann. Fins Ermittlungen führen ihn zu einer alten, heute noch auf Lewis gepflegten Tradition: Einmal im Jahr fährt eine Gruppe von Männern auf eine Felseninsel, die 70 Kilometer nördlich von Lewis im offenen Meer liegt, um dort Basstölpel zu jagen. Dieser gänsegroße Vogel brütet vorwiegend entlang der schottischen Küste und steht seit vielen Jahren unter Naturschutz. Gemäß einer Sonderregelung dürfen aber die Bewohner von Ness auf Lewis jedes Jahr 2000 dieser Vögel töten: Das Fleisch des "Guga" gilt als Delikatesse, der Jahrhunderte alte Brauch darf also weiterhin ausgeübt werden.
Sturm, Nässe und Nebel
Unter welchen Umständen die Männer die 14 Tage auf dem Felsen verbringen, wie die Vögel gejagt und getötet werden, steht nun im Mittelpunkt dieses Romans. Auf Lewis kennt jeder jeden, die Familienverhältnisse sind eng, man muss sich aufeinander verlassen können. Und soviel raues Klima, soviel Sturm, Nässe und Nebel, gälische Sprache und archaisches Brauchtum, wie es hier kenntnis- und detailreich ausgebreitet wird, das lässt einen eintauchen in eine scheinbar unglaublich ferne Welt (in der aber, und das rückt sie wieder nah heran, der Polizist Fin nebenbei ein Computerproblem für den jungen Fionnlagh löst).
Zum Schluss die kleine Warnung an die Leser: Bis der Fall gelöst ist, die Gespenster der Vergangenheit vertrieben sind und der Mörder feststeht, kann es vor lauter Hochspannung leicht 4 Uhr morgens werden. Stellen Sie sich darauf ein.
(Gabi von Alemann)
Peter May *1951 in Glasgow/Schottland, Journalist und Krimiautor, lebt in Frankreich
Peter May "Blackhouse"
Kindler Verlag 2011, 462 Seiten, 19,95 Euro
Taschenbuch 9,99 Euro, eBook 9,99 Euro Audiobook 22,99 Euro