Peter Stamm
An einem Tag wie diesem
Der Held in Peter Stamms Roman ist so etwas wie ein Antiheld. Sein Dasein könnte von der allumfassenden Frage bestimmt sein: "Hat das Leben einen Sinn?"
Des Lebens überdrüssig
Andreas, Anfang 40, kommt aus einem Dorf in der Schweiz und arbeitet seit 18 Jahren als Deutschlehrer in Paris. Wirklich alt ist er nicht, gebärdet sich aber so, als sei das Leben bereits gelaufen. Er trifft sich mit zwei Geliebten, er raucht, ansonsten ist er unauffällig, ohne Hobbys oder größere Interessen. Der Schulalltag nervt ihn, vor allem, wenn er eine Meinung haben müsste.
In der Schule wie im Leben bleibt er unentschieden, teilnahmslos. Sein Alltag ist langweilig, eintönig, leer: Und dann wird er schlagartig mit einer Realität konfrontiert, die er nicht zur Kenntnis nehmen will: er hustet hartnäckig. Sein Arzt nimmt eine Gewebeprobe, aber Andreas holt den Befund nicht ab.
Zurück in die Heimat
Stattdessen verkauft er seine Wohnung, trennt sich von seinen Geliebten, trifft ganz unerwartet eine Frau, die für ihn sorgen will, ohne überhaupt zu wissen, ob er krank ist. Er fährt zurück in sein Heimatdorf, wo sein Bruder lebt und sein Freund, der verheiratet ist mit Fabienne, seiner Jugendliebe.
"Alles, was er jetzt noch besaß, passte in einen Koffer, in denselben roten Kunstlederkoffer, mit dem er vor achtzehn Jahren in die Stadt gekommen war: ein paar Kleider, Toilettensachen, ein Schlafsack, Fabiennes Briefe, die Musikkassetten und die zwei Bücher, die er behalten hatte."
Peter Stamm schildert seinen Protagonisten als leidenschaftslosen, desinteressierten Mann und so ganz und gar nicht als einen, der bewusst und aktiv aussteigt, um noch mal von vorn anzufangen. Selbst der Neuanfang scheint ihm egal zu sein. Stamm schiebt diesen Andreas in eine Art Korsett, aus dem heraus er nur eingeschränkt handeln kann. Mechanisch, resigniert.
Romantiker oder nur Aussteiger
Ein Existenzialist ist dieser Andreas nicht - dazu ist er zu oberflächlich. Ein Aussteiger ist er auch nicht - er verhält sich zu gleichgültig. Ein Romantiker könnte er sein, denn den Schluss dieses kleinen, intensiven und durchaus unterhaltsamen Romans ist nicht frei von Kitsch. Was der Sprache Stamms widerspricht - die ist lakonisch, kühl, distanziert und macht diesen Roman zu einer leichten und glatten Lektüre, routiniert geschrieben und nüchtern erzählt. Stamm gibt keine Rätsel auf, sondern überlässt uns der IIlusion, es könnte noch happy end geben. Happy Ends im Leben.
(Christiane Schwalbe)
Peter Stamm *1963, schweizer Autor und Journalist, lebt in Winterthur
Peter Stamm "An einem Tag wie diesem"
Roman, Fischer Verlag, 208 Seiten, 3. Auflage, 17,90 Euro
Taschenbuch 7.95 Euro, eBook 7,49 Euro
Weiterer Buchtipp zu Peter Stamm
"Weit über das Land"
"Nacht ist der Tag"