Sven Regener
Der kleine Bruder
Frank Lehmann, früher gelegentlich Frankie oder auch Herr L. genannt, erschien als "Der kleine Bruder" im Roman des Bandleaders und Bremen-Berliners Sven Regener. Zeitlich zwischen "Neue Vahr Süd" und "Herr Lehmann" platziert, bildet "Der kleine Bruder" den Abschluss der Lehmann-Trilogie, ist aber eigentlich der Mittelteil.
Frank ist der Bundeswehr entkommen und fährt nun nach Berlin, wo sein Bruder als Künstler in einer Chaos-WG lebt, seltsamerweise aber nicht auffindbar ist. Also begibt sich Frankie auf eine Odyssee durch die Kreuzberger Kneipen- und Kunstszene...
Grund genug, Frank L., dessen Popularität bereits im Jahre 2001 begann, zum Interview mit einer begeisterten Leserin zu bitten.
(Wie nicht anders zu erwarten, gab Frank L. seine Antworten in Originalzitaten...)
Herr Lehmann, Sie sind mittlerweile Hauptfigur in drei Romanen. "Helden" nennt die Literaturwissenschaft solche Protagonisten. Wie fühlt man sich als Romanheld? Als einer, der den anderen etwas voraus hat?
Frank Lehmann: "Was bringt das schon, wenn man den anderen immer ein Stück voraus ist? Ich meine, wenn einer zu früh ist, dann ist das doch irgendwie auch unpünktlich."
Zu früh oder unpünktlich kann ich Ihr Auftreten als Romanheld nicht finden Es ist doch eher so, als habe Ihr Autor, Herr R., die richtigen Bücher zur richtigen Zeit herausgebracht. Das liest sich alles ungemein locker und witzig, aber ist es denn überhaupt Literatur, also ich meine damit: Kunst? Und was sagen Ihre Berliner Freunde dazu? Karl zum Beispiel, einer dieser schrägen Vögel aus Kreuzberg?
Frank Lehmann: "Es ist Kunst, wenn einer sagt, dass es Kunst ist .... Im Zweifel ich. Ich darf das sagen. Und dann muss ich noch mindestens einen finden, der mir das glaubt. Dann ist es Kunst."
Na gut, aber Sie selbst, Herr Lehmann, sind kein Künstler, höchstens Lebenskünstler, und ergreifen im neuen Roman den doch eher unkünstlerischen Beruf einer Kneipentresenkraft. Für einen Romanhelden etwas untypisch, meinen Sie nicht auch?
Frank Lehmann: "...man weiß nie .... was wirklich gespielt wird, kaum hat man eine Meinung, schon ist man in die Falle gegangen ."
Wie recht Sie haben. Sie geraten ja im neuen Roman in Berlin auf der Suche nach Ihrem Bruder gleich zu Anfang in eine reichlich chaotische Diskussion mit Hausbesetzern und Punk-Künstlern und meistern die mit der Ihnen offenbar angeborenen Coolness. Ihr Autor schildert es so:
"Aber trotzdem war ihm seltsam leicht zumute, irgendwie beruhigte ihn der Quatsch, der hier geredet wurde, solange die beiden Unsinn reden, dachte er, ist alles halb so schlimm."
Es wird ja nicht nur Unsinn geredet im "Kleinen Bruder", sondern da fliegen ja auch Bierdosen und Aschenbecher und sonstwas durch die Gegend.Woher nehmen Sie bloß in jeder Situation diese unglaublich entspannte Gelassenheit, und das nun schon im dritten Roman?
Frank Lehmann: "Man darf die Dinge nicht immer anschieben, man muss sie auch mal geschehen lassen...einfach mal abwarten und sehen, was passiert, man sieht ja, was dabei herauskommt, wenn man aktiv wird ... nur Quatsch kommt dabei heraus, man rennt durch die Gegend und scheucht irgendwelche Frauen im Pyjama aus dem Bett, das kommt dabei raus ...
...und ein wirklich unterhaltsames Buch.
Herr Lehmann, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
(Gabi von Alemann)
Sven Regener "Der kleine Bruder"
Roman, Eichborn Verlag 2008, 288 Seiten, 19,95 Euro, Goldmann Taschenbuch 9,95 Euro
Audiobook 10 Euro, Hörbuch Download ungekürzt 13,95 Euro
Weiterer Buchtipp zu Sven Regener
Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt