Nick Hornby
Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst
Eine Ehe in zehn Sitzungen
Tom und Louise sind eigentlich ein ganz normales Ehepaar, seit vielen Jahren verheiratet, sie haben zwei Kinder. Sie ist Ärztin, er Musikkritiker, beide Anfang vierzig, sie mit Job, er seit einem Jahr ohne. Sie treffen sich im Pub.
Heitere Dialoge
Sinn dieses Treffens ist mitnichten ein freundlicher Feierabendplausch, eigentlich kommen sie nur hierher, um kurz was zu trinken und anschließend zur Paartherapeutin gegenüber zu gehen. Denn die Ehe kriselt, Louise hat Tom betrogen, weil der keine Lust mehr auf Sex hat. Und nun sitzen sie sich gegenüber und beginnen eine belanglose Plauderei, die stets in einen intensiven und für den Leser überaus heiteren Schlagabtausch mündet. Die beiden werfen sich angebliche oder wirkliche Versäumnisse an den Kopf, keiner bleibt seinem Gegenüber eine (schlagfertige) Antwort schuldig. Da wird fleißig zusammengesucht, was viel zu lange unter den Teppich gekehrt worden ist. Sie kennen ihre Schwächen, aber auch ihre Stärken, liefern sich keine verbissenen Streitereien, sondern ironische, manchmal bissige, stets fein zugespitzte Dialoge.
“Ehen sterben nie plötzlich. Sie sind immer schon eine ganze Weile krank gewesen, bevor sie den Löffel abgeben."
"Ach verdammt."
"Was ich sagen will, medizinisch gesprochen: Entweder wir rühren nicht dran, dann bringt es uns um, oder wir lassen es untersuchen.”
Feminismus
Louise war für untersuchen, also eine Therapie. Die bei einer Frau stattfindet. Was Tom noch mehr abschreckt.
"Aber wenn es eine Frau ist ... dann werde ich geschlachtet."
"Geschlachtet? Wieso sollte sie nicht mich schlachten?"
"Feminismus."
Louise ist zwar die Schuldige an der Ehemisere, wirkt in diesem unterhaltsamen, mal süffisanten, mal ironischen Dialog oft überlegen. So ist die Sache ja auch angelegt:
"So ein zarter Hauch von du weißt schon was. Ooh, wie kann das denn funktionieren? Sie ist Ärztin und er Musikkritiker."
"Meine Mutter wollte nicht, dass ich dich heirate."
"Sie hat mich gewarnt."
"Sie hat mich gewarnt."
Wir lernen weder Therapeutin noch Mutter kennen, dafür ein Paar, das Kreuzworträtsel zusammen löst - gern mit Focus auf Fragen, die mit Ehe zu tun haben - und sich offen die Frage stellt, was denn wäre, wenn auch er sich nach einer anderen Frau umsehen würde.
Ping-Pong-Spiel
Zwischen den Zeilen steckt so manche Botschaft: über Missverständnisse, Kränkungen und Durststrecken, über Vorlieben und Abneigungen der beiden und die dazu gehörenden Empfindlichkeiten, wie es sie in jeder Beziehung gibt.
Nick Hornby ist ein exzellenter Beobachter und er hat ein herrlich amüsantes Ping-Pong-Spiel inszeniert, bei dem man zunehmend das Gefühl bekommt, dass die beiden sich immer noch verdammt gut leiden können. Und das letztendlich auch wissen:
"Als wir hiermit angefangen haben, da hast Du gesagt, du wolltest das ganze Gebäude unserer Ehe neu errichten."
"Ich erinnere mich", sagt Louise.
"Aber das ist nicht möglich."
"Nein, das ist es wohl nicht. Dann wäre es hinterher nicht mehr unsere Ehe."
Heitere Lektüre, bei der sich vermutlich viele Paare wiedererkennen. So oder so ähnlich. Wie im richtigen Leben eben. (Christiane Schwalbe)
Nick Hornby, *1957 in Redhill bei London, war Lehrer, wurde Kultautor mit typisch britischem Humor mit Bestsellern über Fußball und Popmusik, die z.T. verfilmt worden ist, lebt in London
Nick Hornby "Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst"
Eine Ehe in zehn Sitzungen
aus dem Englischen von Ingo Herzke
Kiepenheuer & Witsch 2020, 160 Seiten, 18 Euro
Weiterer Buchtipp zu Nick Hornby
"Just like you"