Nick Hornby
Just like you
Lucy und Joseph lernen sich an der Fleischtheke kennen, er dahinter als Verkäufer, sie davor als Kundin. Nicht unbedingt eine romantische Begegnung, noch ohne jede Absicht. Das wird anders, als Joseph auf die beiden Jungs von Lucy aufpasst.
Zwischen Steaks und Fußball
Lucy ist 42, hat sich gerade von ihrem alkoholkranken Ehemann Paul getrennt und wartet auf die Scheidung. Die Söhne leben bei ihr, sie arbeitet als Lehrerin, ist Leiterin des Fachbereichs Englisch und datet gern, aber erfolglos. Joseph ist 22, verkauft nicht nur Hühnerbrüste und Schweinswürste, sondern jobbt auch als Babysitter, Fußballtrainer, Aufseher in einem Freizeitzentrum und legt als DJ auf. Er ist schwarz. Erfolgreich Musik zu machen ist sein Traum. Bei Fußballspielen, die nicht nach den Vorstellungen von Müttern, Vätern, Großeltern oder sonstigen Verwandten am Rand des Spielfelds laufen, ist Joseph schuld – weil es zu viele Ausländer gibt und die englischen Jungs keine Chance haben.
Leben in der Blase
Josephs Welt ist klein und überschaubar, er hat bei seiner Mutter ein Zimmer und ist mit sich und der Welt nicht unzufrieden. Zum Brexit, der gerade in aller Munde ist, hat er keine eindeutige Meinung. Zu Lucy schon. Die beiden verlieben sich, zweifeln, ob das gut gehen kann, machen aber weiter:
"Sie liebte noch immer die Blase, in der sie sich befanden, aber dort drinnen war weder viel Platz noch Luft zum Atmen, und sie verhielten sich beide auf eine Weise, die ihre Freunde sonderbar oder frustrierend fanden: Sie trafen sich nicht mit ihnen, wollten nichts unternehmen, folgten keinen Einladungen."
Weder hat Joseph ein Problem mit ihrem Alter noch Lucy mit seinem. Aber andere haben damit Schwierigkeiten. Zum Beispiel Josephs Mutter, selbst Anfang vierzig, die ihren Sohn am liebsten in festen Händen wüsste. Aber er, der schon das Studium abgebrochen hat, weil seine Familie vermutlich in finanzielle Schwierigkeiten gekommen wäre, will weder Kinder noch Ehe noch generelle Festlegung.
Brexit und Rassismus
Im Jahr 2016 ist natürlich der Brexit das Thema - über das bevorstehende Referendum streitet Joseph mit seinem Vater und Lucy mit Kolleginnen. Im Roman passiert das eher beiläufig, beileibe nicht mit politischer Wucht. Das gilt auch für den alltäglichen Rassismus, den Joseph erlebt. Aber das ungleiche Paar blendet Bildungsunterschied, Herkunft und Hautfarbe erfolgreich aus, es geht ihnen nicht um eine gemeinsame Zukunft, sondern um
"Gegenwart, und daraus bestand das Leben ... Joseph konnte nicht ihr Partner sein; Joseph konnte kein Stiefvater sein. Er war ein Babysitter, mit dem sie Sex hatte. Fürs Babysitten würde sie ihn bezahlen, für den Sex nicht."
Irgendwie wird dann doch eine Beziehung daraus, sogar aus der Blase brechen die beiden aus: Lucy geht mit Joseph ins Theater – Shakespeare. Angesichts der Schlange auf der Toilette – keine jungen Leute, keine Schwarzen - kommt sie ins Grübeln:
“Über all das hätte sie nie nachgedacht, wenn sie mit Paul gekommen wäre.”
Vergnügliche Lektüre
Eine heitere Liebesgeschichte, wunderbar leicht, pointiert und witzig erzählt, mit viel Liebe für die Figuren, angereichert mit aktuellen Bezügen über die Gesellschaft an sich, den Brexit, Großbritannien und Europa, meisterhaft in den Dialogen, denen man mit großem Vergnügen folgt. Eine überaus kurzweilige Lektüre.
Und das Ende? Überraschend.
(Christiane Schwalbe)
Nick Hornby, *1957 in Redhill bei London, war Lehrer, wurde Kultautor mit typisch britischem Humor mit Bestsellern über Fußball und Popmusik, die z.T. verfilmt worden sind, lebt in London
Nick Hornby "Just like you"
Roman. Aus dem Englischen von Stephan Kleiner, Kiepenheuer & Witsch 2020, 384 Seiten, 22 Euro
eBook 9,99 Euro, Hörbuch Download 21, 95 Euro
Weiterer Buchtipp zu Nick Hornby
"Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst" - Eine Ehe in zehn Sitzungen