Marc Engelhardt (Hrsg.)
Völlig utopisch
17 Beispiele einer besseren Welt
"Die Träume von Gleichheit und Gerechtigkeit sind gegenwärtig dem Schlaf überlassen, im Wachsein dominiert die Ersatzdroge Konsum. Unter dem Druck, funktionieren zu müssen, um konsumieren zu können, geht der Blick fürs visionäre Ganze leicht verloren, ebenso wie der Glaube daran, etwas verändern zu können."
Modelle im Kleinen
Schreibt Ilija Trojanow im Vorwort. Aber ganz offensichtlich gibt es nicht nur die Träume von einer besseren Welt, sondern auch ihre Realisierung – im Kleinen, vereinzelt, über die ganze Welt verstreut, aber existent und manche sogar modellhaft.
Die freien Korrespondenten von Weltreporter.net, die für deutschsprachige Medien aus mehr als 160 Ländern der Welt berichten, haben diese Kleinode aufgespürt: Geschichten hinter den Nachrichten, von Menschen, die ihre Träume von einer besseren Welt gegen alle Widerstände und Vorurteile umsetzen.
Bio-dynamische Landwirtschaft
Beispielsweise Viv: Sie ist im brandenburgischen Luckenwalde aufgewachsen und hat zusammen mit ihrem Mann im serbischen Dorf Jalovik einen einsamen Bauernhof gekauft. Aus den ringsum brach liegenden Feldern baute das deutsch-niederländische Paar nach allen Regeln biologisch-dynamischer Landwirtschaft eine Farm auf.
Selbstversorgung und Verzicht auf Chemikalien sind oberste Gebote. Inzwischen hilft das ganze Dorf den "komischen Ausländern", arbeiten hier Freiwillige, werden Seminare veranstaltet. Harte Arbeit, immer zu wenig Geld, aber die Verwirklichung einer ganz individuellen Vorstellung vom besseren Leben.
Beansprout in der Wildnis
Oder Robert Long, genannt Beansprout, der mit seiner Familie inmitten der Wildnis der südlichen Westküste Neuseelands lebt, dort zwei Kinder großgezogen, ein Leben voller Entbehrungen geführt und sich zum gefragten Künstler entwickelt hat:
"Er, der jenseits der Gesellschaft gelebt und sich all ihren Regeln und Zwängen konsequent verweigert hat, hat auf seine stille, charismatische Art in ebendieser Welt Karriere gemacht."
Das Alzheimer-Dorf
In den Niederlanden hat man Alzheimer-Patienten ein ganz besonderes Pflegeheim gebaut. De Hogeweyk ist ein echtes Stadtviertel mit Supermarkt, Friseur und Theater, Läden, Cafés und Restaurants. Eine humane Art, die Kranken unterzubringen. In den 23 Häusern leben sie in unterschiedlichen Gemeinschaften und werden liebevoll betreut. Diese WGs sind "sortiert" nach Lebensstil – die Kranken sollen sich in möglichst vertrauter Umgebung wiederfinden.
Utopie ist machbar
In einem israelischen Kibbuz haben Menschen mit "besonderen Bedürfnissen" eine behütete Heimat gefunden – Blinde, Autisten oder Lernbehinderte – womit sich ein Elternpaar die Vision von einem selbstbestimmten Leben für behinderte Menschen erfüllt hat.
In einem Bauerndorf nördlich von Peking gibt es eine Waldorfschule, in die Kinder "zu schicken streng genommen ein Verstoß gegen die Schulpflicht" ist. Aber "das offizielle Bildungssystem macht Kinder kaputt", sagt der Gründer dieser Schule.
Es sind verblüffende und ermutigende Beispiele aus aller Welt, spannend zu lesende Reportagen über den Versuch, im Einklang mit der Natur zu leben, über besondere Lebensgemeinschaften, Aussteiger, Individualisten, politisch Engagierte und Träumer, über manchmal spinnerte und verrückte, meist aber kluge und gut durchdachte Projekte - mit den Worten Ilija Trojanows:
"Utopie ist machbar, Herr Nachbar".
(Christiane Schwalbe)
Marc Engelhardt (Hrsg.) "Völlig utopisch"
17 Beispiele einer besseren Welt
Pantheon Verlag 2014, 272 Seiten, 14,99 Euro
eBook 11,99 Euro
Weiterer Buchtipp zu Marc Engelhardt:
Die Flüchtlingsrevolution - Wie die neue Völkerwanderung die ganze Welt verändert