Asta Nielsen
Im Paradies
Geschichten über die Liebe zum Leben
Der Vater ein oft arbeitsloser Schmied, die Mutter Wäscherin – wer hätte vermutet, dass aus der 20jährigen, die 1901 ihr einziges Kind bekam und seinen Vater verschwieg, der größte europäische Stummfilmstar werden würde?
Filmreife Szenen
Asta Nielsens Karriere begann in Kopenhagen, Deutschland bot immer wieder große Möglichkeiten, hier wurde sie zum Weltstar und Berlin galt ihre Liebe:
„Wenn man aus dem Fenster sah, blickte man auf ein wogendes Meer von weiß gepuderten Blüten, und die Ufer entlang der Spree strotzten kilometerlang von Bäumen mit sprengenden Blütenballons, die auch über die Böschungen hingen und deren unterste Blumen auf den schwarzen Wassern leuchtend schwammen. Wie habe ich diese Stadt geliebt!“
Ihre Erzählungen leuchten, filmreif die Szenen, in vergnügter, genau beobachtender Sprache gefasst: Der fünfzigste Geburtstag ihres Freundes Joachim Ringelnatz etwa, der im Alkoholchaos endete und bewies, wie man damals verstand, Feste zu feiern. Oder die letzte Weihnachtsfeier in Italien vor Beginn des ersten Weltkriegs, - Kat Menschiks herrliche Bilder zwischen den Texten zeugen von der großen Liebe Asta Nielsen zu ihrer Tochter, die darauf bestand, arme Kinder zu beschenken - inmitten ihrer Geschenke lächelt sie uns an, hingerissen vom Glanz ihrer Mutter, die sich wiederum hingebungsvoll um ihr Wohl sorgt.
Schwebende Fische
In einer anderen Geschichte wird der toten Schwester eine große rote Rose in den Sarg gelegt - magische Bilder aus sonnigen und traurigen Tagen, mal witzig, mal melancholisch unterlegt, präsentieren diesen 15. Band ihrer Reihe ‚Lieblingsbücher‘ als Kunstwerk in dreiseitigem Silberschnitt.
Das Paradies fand die Schauspielerin und Autorin immer wieder, 1929 dann auf Hiddensee, aus dessen Farben, „blaue Himmels- und Wassertöne, sandiges Beige, Spritzer von Lippenstiftrot vor Wolkenweiß und Spiegelsilber“, die Illustratorin Kat Menschik ein sommerliches Band durch die Texte wehen lässt. Hier traf man sich mit Künstlern und Bohèmiens, um Joachim Ringelnatz lässt Menschik bunte Fische schweben und die Zeit verrinnen, und wir erfahren von erstaunlichen Begebenheiten:
„Wo Ringelnatz ist, ist man nie sicher. Entweder steht meine Seife auf vier hohen Beinen, oder die Brötchen auf dem Mittagstisch quietschen, oder die Pfirsiche kommen auf den Tisch mit Straußenköpfen aus Papier und einer Gänsefeder als Schwanz.“
Tanzende Brötchen
Man feierte sich und das Leben, bis es in Deutschland nicht mehr möglich war. Asta Nielsen machte sich mit den Nazis nicht gemein, verließ das Land trotz ihrer Lockangebote, und als sie keine Filme mehr drehte, schrieb sie, bis ins hohe Alter. Ihr Leben blieb selbstbestimmt, und die Liebe war und blieb wichtig. Ihr geliebtes Haus ‚Karusel‘ auf Hiddensee sah sie nicht wieder, doch heute erinnert es an sie, und in seinem schönen Nachwort würdigt der Puppenspieler Karl Huck ihren Willen zur Gestaltung, das Glück ihrer vielseitigen Begabung und das ferne Lachen in den Mauern von ‚Karusel‘:
„Ein Teil ihres Geheimnisses ist die Sprache des Einfachen, wie die tanzenden Brötchen von Chaplin, wie die Scherenschnitte von Hans Christian Andersen. In ihren Geschichten setzt sie diese Liebe zum Detail, zur Genauigkeit und zur Lust zum Fabulieren fort.“
In Kat Menschiks Illustrationen hat sie eine kongeniale Partnerin gefunden – ein phantastisches Buch, ein großer Genuss!
(Lore Kleinert)
Asta Nielsen (1881-1972), erster großer weiblicher Filmstar in ca. 70 Filmen, Regisseurin, Produzentin, Autorin
Kat Menschik, *1968 in Luckenwalde/Potsdam, freie Illustratorin, gestaltet seit 2016 die Buchreihe "Lieblingsbücher" im Galiani Verlag
Asta Nielsen „Im Paradies“
Geschichten über die Liebe zum Leben
Illustriert von Kat Menschik, Galiani Berlin 2023, 112 Seiten. 22 Euro
eBook 12,99 Euro
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