Michael Pollan
Meine zweite Natur
Vom Glück, ein Gärtner zu sein
Michael Pollan hat sich bislang vor allem durch populäre Ernährungsbücher einen Namen gemacht, in denen er für eine natürliche Esskultur und echte Lebens-Mittel plädiert. Die industrielle Nahrungsmittelindustrie kritisiert er, weil sie uns mit Zusatzstoffen den Geschmack verdirbt.
Passionierter Gärtner
Lebens-Mittel, die nach seiner Meinung diesen Namen verdienen, sind frisch und werden frisch gekocht, denn dann ernährt man sich gut und gesund - erst recht, wenn zwischen Feld und Gabel nur kurze Wege liegen. Oder zwischen Garten und Gabel, denn Pollan ist passionierter Gärtner, der mit Hingabe in der Erde buddelt, Tomaten, Rosen und sogar Bäume pflanzt.
Kindheitserfahrungen
Das tat schon sein Großvater gern, von dem er vieles gelernt hat – vor allem, wie viel Früchte ein Garten hervorbringen kann – soviel, dass seine Großmutter sich irgendwann geweigert hat, alles zu verarbeiten, was ihr Mann anschleppte. Also wurde es körbeweise verschenkt. Pollan erzählt mal humorvoll, mal grimmig Gartengeschichten, wie sie jeder irgendwann erlebt, der sich auf die Bezähmung der Natur einlässt. Denn verfressene Schädlinge, Murmeltiere, Füchse und Rehe lassen sich nur schwer in ihre Grenzen weisen, wenn junge Triebe locken.
Unkraut auf dem Teller
Der leidenschaftliche Gärtner gibt Familienanekdoten zum besten, lässt uns an der Wiederentdeckung des Unkrauts teilhaben, das nicht nur auf den Kompost, sondern auch auf den Teller wandern kann, und beschreibt typisch amerikanische Eigenheiten - zum Beispiel den Rasen und seine Bedeutung für die amerikanische Vorgartenidylle:
"Wie das Fernstraßennetz, die Fast-Food-Ketten und das Fernsehen hat der Rasen dazu beigetragen, dem amerikanischen Landschaftsbild ein einheitliches Aussehen zu geben."
Literarische Exkurse
Als Gärtner macht man ebenso bittere wie beglückende Erfahrungen – das beweisen literarische und philosophische Exkurse des Autors, der darüber hinaus auch auf historische und wissenschaftliche Beschreibungen zurückgreift, um seinen Garten zu einem idyllischen und fruchtbaren Fleckchen Erde zu machen, in dem duftende Rosen ihre erotische Blütenpracht entfalten und der grüne Daumen sich langsam entwickelt:
Auf einmal findet man in der schwarzen, undifferenzierten Erdmasse Form, Farbe und Wert. … Diese Karotten waren ein ordentlicher Treffer. Ich wischte eine davon an meinem Hemd ab, rieb sie sauber und kostetet dann ihre kühle unterirdische Süße, ihre ganz unerwartet intensive … Karottigkeit."
Vier Jahreszeiten
Frühling, Sommer, Herbst und Winter – die vier Jahreszeiten geben dem Garten Struktur und dem Gärtner Erfolg und Misserfolg:
"Der Misserfolg treibt den Gärtner in die Bücherei und mit einem tieferen Verständnis für die Landschaft kommt er zurück."
Ein amüsanter, autobiografischer und kenntnisreicher Spaziergang durch Geschichte und Kultur des Gartens und seine politische Bedeutung: In Zeiten genetischer Veränderungen durch amerikanische Großkonzerne, die damit die Artenvielfalt bedrohlich einschränken, ist er eine wichtige und bewahrende Keimzelle.
(Christiane Schwalbe)
Michael Pollan *1955 in New York, US-amerikanischer Journalist
Michael Pollan "Meine zweite Natur"
Vom Glück, ein Gärtner zu sein
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Eva Leipprand
Oekom Verlag, 368 Seiten, 19.95 Euro
eBook 15,99 Euro
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