Eva Lezzi
Die Jagd nach dem Kidduschbecher
Eine Freundschaft zwischen zwei Menschen aus unterschiedlichen Kulturen – für Samira und Rebecca ist das kein Problem. Sie machen sich mit kriminalistischem Geschick und Chuzpe auf die Jagd nach dem verschwunden Kidduschbecher, einem wichtigen Erinnerungsstück in Rebbecas Familie.
Am Anfang ein Kriminalfall
Rebecca und Samira sind beste Freundinnen, ihr unterschiedlicher Glaube spielt dabei erst mal keine Rolle. Rebeccas Familie ist jüdisch, Samiras muslimisch, der Vater stammt aus Gaza. Die beiden Mädchen aus Berlin Kreuzberg lassen sich auch nicht vom erneut aufflammenden Konflikt in Gaza auseinander bringen. Doch der verschwundene Kidduschbecher stellt die Freundschaft auf eine harte Probe.
Rebeccas Eltern verdächtigen Samira ganz offen, den Becher gestohlen zu haben, und ein wenig davon bleibt auch in Rebeccas Gedanken hängen, vor allem als die Freundin auf ihre Nachfragen per SMS und Facebook nicht gleich reagiert. Aber wer hat das wertvolle Erinnerungsstück wirklich genommen? Wie kann der Becher wiedergefunden werden? Und was hat Moritz, Rebeccas kleiner Bruder, mit der Sache zu tun? Ein interkultureller Kriminalfall mit überraschendem Ausgang.
Freundschaft auch in schwierigen Zeiten
Die Geschichte spielt in Berlin. Die beiden Mädchen stehen für den gelebten Dialog, der den Erwachsenen oft nicht gelingt. Der erste Liebeskummer, Konflikte mit Geschwistern und Eltern spielen dabei ebenso eine Rolle wie der Versuch, der jeweils anderen nah zu sein und zugleich ihr Anderssein zu akzeptieren. Sie können selbst in angespannten Situationen flachsen, ohne sich gegenseitig zu verletzen:
"Silberbestecke!", flüstert sie plötzlich aufgeregt. … "Und? Willst du zu Hause ausziehen … Oder sammelst du schon Küchenzeug für die Zeit nach der Hochzeit mit David?", spottet Samira.
Ein Plädoyer für den Dialog
Erzählt wird sowohl aus Rebeccas, als auch aus Samiras Sicht und damit aus zwei kulturellen Perspektiven. So vermeidet die Autorin Stereotypen. Beide Figuren sind individuell gezeichnet, lassen sich also nicht einfach in die Schubladen "jüdisch" oder „muslimisch“ stecken. Kenntnisreich werden religiöse und kulturelle Besonderheiten erzählt, wenn sich z.B. Samira, eine gute Sportlerin, Gedanken macht, wie sie im Ramadan ein Basketballspiel durchstehen soll, für das ihre Mannschaft sie unbedingt braucht.
Und beim Verständnis auch spezieller Worte und Begriff hilft dem jugendlichen Leser ein Glossar.
Ein schmaler Roman, der die Größe und Stärke von Freundschaft beschreibt und damit mehr zum interkulturellen Dialog beiträgt als so manche politische Diskussion.
(Iris Knappe)
Eva Lezzi, *1963 in New York, aufgewachsen in Zürich, Germanistin und Schriftstellerin, lebt in Berlin
Eva Lezzi "Die Jagd nach dem Kidduschbecher"
Hentrich & Hentrich Verlag 2016, 124 Seiten, 11,90 Euro
Ab 12 Jahren
Weiterer Buchtipp zu Eva Lezzi
"Kalter Hund"