Wallace Stroby
Zum Greifen nah
"Sie wachen eines Tages auf und denken sich, dass sie mehr verdient hätten als das, was sie haben. Gehen raus und nehmen sich’s einfach. Aber natürlich hat die Sache einen Haken: Sie können das Geld nie festhalten. Es zerrinnt ihnen zwischen den Fingern."
Gier nach Geld
Sheriff Hammond hat einen abgeklärten Blick auf die Welt, er weiß, wie sehr die Gier nach Geld Menschen korrumpieren kann. Die junge Polizistin Deputy Sara Cross gehört nicht zu diesen Menschen, und gerade deshalb glaubt sie ihrem Kollegen und früheren engen Freund Billy Flynn, der behauptet, einen jungen Mann während einer Verkehrskontrolle in Notwehr erschossen zu haben. Leise Zweifel bleiben jedoch, und als die Witwe des Toten auftaucht und die Polizisten des Mordes beschuldigt, versucht Sarah vorsichtig und verbissen, die Widersprüche aufzuklären – und nähert sich einem bösartigen Wespennest, ohne die Gefahr rechtzeitig zu erkennen.
Schmerz schärft die Sinne
Wallace Stroby führt ihre Suche mit einem weiteren Handlungsstrang zusammen: Der Berufskiller Morgan hat den Auftrag, eine riesige Summe Geldes, das im Auto des erschossenen Mannes versteckt wurde, für den Drogendealer MikeyMike aus New Jersey zurückzuholen und nähert sich seinerseits dem St. Charles County, Florida, an der Country Road 23 an. Beide kämpfen mit ihrem besonderen Schicksal, das sie angreifbar, aber auch hellwach macht: Sarahs kleiner Sohn hatte Leukämie und muss besonders betreut werden, und Morgan ist schwer krebskrank, von Schmerzattacken geplagt und entschlossen, mit der Beute ein neues Leben zu beginnen. Nicht er, sondern Deputy Sara sagt sich in einer fast aussichtslosen Situation: "Schmerz ist gut. Schmerz hält deine Sinne geschärft“, und so entsteht im Laufe der Suche beider, die allerdings unter gänzlich verschiedenen Vorzeichen steht, eine seltsame, fast magische Nähe, aus der Wallace Strobys Kriminalroman große Spannung gewinnt.
Zum Sterben verurteilt
Alle Personen sind, wie schon in Strobys 'Crissa-Stone‘-Reihe, bestens gezeichnet, durch knappe Dialoge, ihre Sehnsüchte und ihre Lebensbedingungen im Süden der USA, der seit der Mitte des 20. Jahrhundert unter dem Exodus der Menschen leidet. So wie das Stadtviertel Libertyville, einst von Sklaven gegründet, die nach Ende des Bürgerkriegs florierende Geschäfte aufgebaut hatten.
"Die meisten Häuser waren zum Abriss freigegeben oder standen zum Verkauf. Doch an eine Gentrifizierung war nicht einmal im Traum zu denken. Es war ein Viertel, das zum Sterben verurteilt war. Wer hier noch wohnte, nahm die erstbeste Gelegenheit wahr, um sich aus dem Staub zu machen. Als sie mit ihrem Streifenwagen durch die verlassenen Straßen kurvte, konnte Sara diese Entscheidung nur allzu gut nachvollziehen."
Mit Sara Cross schickt Wallace Stroby eine neue Heldin in den Kampf um Integrität und ein achtbares Leben unter erschwerten Bedingungen, diesmal auf der Seite des Gesetzes, und als alleinerziehende Mutter ist sie ebenso glaubwürdig wie als junge Frau, die die Rest-Zuneigung zu ihrem früheren Geliebten Billy durchschauen und überwinden muss.
"Schmerz ist die einzige Währung, die die Welt zusammenhält. Und jedermann zahlt seinen ganz individuellen Betrag.“
(Lore Kleinert)
Wallace Stroby, *1960 in New Jersey, US-amerikanischer Autor von Kriminalromanen, war Polizeireporter bei einer Zeitung, mehrfach ausgezeichnet für seine Buch- und Filmkritiken,
Wallace Stroby "Zum Greifen nah"
Kriminalroman, aus dem Amerikanischen übersetzt von Bernd Gockel
Pendragon Verlag 2020, 355 Seiten, 18 Euro eBook 15,99 Euro
Weitere Buchtipps zu Wallace Stroby
"Fast ein guter Plan"
"Kalter Schuss in Herz"