Adrian McKinty
Alter Hund, neue Tricks
"Tür zum Garten. Die Sonne schien bereits auf die Irische See. Großbritannien lag im Licht, in Irland herrschte Dunkelheit. Aber wer weiß, vielleicht nicht mehr für allzu lange."
Tödliches Finale
Nordirland 1992 - noch zwei Jahre bis zum Waffenstillstand der IRA. Aber noch stolzieren Männer mit Sturmhauben durch Belfasts Straßen, und Polizei- und Armeehubschrauben schweben über der Stadt, in der sich der Qualm brennender Reifen ausbreitet, wenn protestantische Paramilitärs und die Männer der IRA aufeinander losgehen. Kein guter Ort für den katholischen Polizisten Sean Duffy, der seinen Wohnsitz bereits nach Schottland verlegt hat und den Rest seiner zwanzig Jahre Dienstzeit bis zur Pension in Teilzeit abfeiert. Doch als ein Landschaftsmaler ermordet aufgefunden wird, wird er wieder aktiv, denn an einen Autodiebstahl mit tödlichem Finale glauben weder er noch sein bewährter protestantischer Kollege und Freund Crabbie.
Hang zum Abenteuer
Immer näher kommen sie dem heißen Kern der nordirischen 'Troubles', als sich herausstellt, dass der Tote im Maßanzug ein Auftragskiller war, ein Schläfer, der auf Befehle wartete. Warum er unter falschem Namen in Carrickfergus lebte und was sein Ziel als Elitesoldat eines der gefährlichsten Männer Irlands war, scheint die offiziellen Dienststellen im bürgerkriegsgeplagten Norden weniger zu interessieren als die beiden Polizisten. Und Sean Duffy, "ein Mann, der mit sich selbst auf Kriegsfuß stand", folgt mal wieder ungebremst seinem Hang zum Abenteuer und Alleingang.
"Ich nippte an meinem Bier und betrachtete mein Bild im beschlagenen Badezimmerspiegel. „Das hast du alles vermisst, stimmt’s, du Blödmann?“ Der Duffy im Spiegel antwortete nicht, aber man konnte es von seinem Gesicht ablesen. Er war vierzig, hatte Frau und Kind. Er sollte diesen Blödsinn hinter sich haben. Aber ja, das alles hatte er ganz fürchterlich vermisst."
In der Falle
Wie in all' seinen Kriminalromanen verbindet Adrian McKinty auch in seinem achten Buch um Sean Duffy akribische Kenntnis des politischen Hintergrunds mit bestens aufgebauter Spannung und ironisch gebrochener Sicht auf seinen Helden, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird. Wenn er sich in Gefahr begibt, ahnt man, dass er nicht darin umkommen wird, doch in der Konfrontation mit seinen Widersachern sprühen Funken, und die blutige Geschichte Nordirlands macht auch vor den Grenzen anderer Länder keineswegs Halt. Sean Duffy führt sie über Island bis in die USA, und er gerät in die Falle.
"Niemand stört mich, ich kann tun und lassen, was ich will. Wenn ich dich umbringe, wird es niemand hören, niemand wird davon erfahren, niemand wird wissen, dass du jemals hier gewesen bist, und ich nehme heute Nacht das Boot raus aufs Wasser, wie ich das häufig mache, und niemand wird bemerken, dass ich in der Dunkelheit ein paar Müllsäcke über Bord werfe."
Blick unter das Auto
Offenbar trennt sich der Autor ebenso ungern von seinem 'katholischen Bullen' wie seine Leser, und so haben wir weiterhin großes Vergnügen an seiner weit gefächerten musikalischen und literarischen Bildung, der Risikofreude und Frechheit, und der gewohnte Blick unter sein Auto zum Schutz vor Bomben wird ihn hoffentlich noch weiter bewahren.
(Lore Kleinert )
Adrian McKinty, *1968 in Belfast, zählt zu den wichtigsten nordirischen Krimiautoren, lebt in New York
Adrian McKinty "Alter Hund, neue Tricks"
Thriller, aus dem Englischen von Peter Torberg
Suhrkamp Nova 2020, 367 Seiten, 15,95 Euro
eBook 13,99 Euro
Weitere Buchtipps zu Adrian McKinty
"Cold Water"
"Die Sirenen von Belfast"