Garry Disher
Moder
Ein Wyatt-Roman
Wenn die Vorsicht es gebietet, verändert Wyatt sein Äußeres, seinen Gang, zieht einen Fuß nach, setzt sich eine Brille mit schwerem Fensterglas auf. Bei seinem ersten Coup hilft das sehr, einem Einbruch, den er auf einen Tipp Kramers hin erfolgreich durchzieht, wie schon etliche zuvor.
Diskrete Raubzüge
Diskrete Raubzüge wie diese sind seit langem Wyatts Spezialität, seit er die Banküberfälle hinter sich gelassen hat.
„Er verstand sich aufs Warten, war aber, wenn in Bewegung, ruhig und konzentriert – mit einer Intensität, die kein reines Vergnügen darstellte, sondern ein kaltes, völliges Vertieftsein. Natürlich wollte er Geld. Aber er wollte auch das Gedankenspiel und die Aktion.“
Doch Kramer, sein Tippgeber, dessen Familie Wyatt mit einem Anteil an der Beute finanziert, gerät selbst ins Fadenkreuz gieriger Konkurrenten, während er, nur scheinbar sicher, eine Gefängnisstrafe absitzt. Und sein neuer Auftrag für Wyatt läuft aus dem Ruder: Der betrügerische Finanzinvestor Jack Tremayne plant seine Flucht, doch die Million, die er dafür beiseiteschaffte, führt auch andere Akteure in Versuchung, unter anderem seine schöne Frau Lynx. Die Behörden verfolgen ihn, weil er reiche Anleger um ihr Geld erleichterte.
Globale Finanzströme
Wyatts gut durchgeplante ‚Arbeit‘, dieses Geld zu erobern, stößt also auf diverse Hindernisse, zumal ihm der unauffällige Ermittler von Einbruchsdiebstählen DS Greg Muecke näher rückt, ein ebenso gründlicher und beherrschter Einzelgänger wie er selbst.
„Dazugehörer. Sie verfügten über Gemeinsinn, pflegten den Gemeinschaftsgedanken – etwas, was ihm im Laufe der Zeit abhandengekommen war. Sie zeigten sich dem Leben zugewandt; er hatte zu viel davon gesehen…Aber er hatte ganz gewiss etwas verloren – die alte Empfindung, ein sinnvolles, ausgefülltes Leben zu führen.“
Beiläufig und höchst spannend bezieht Garry Disher in seinem neuen Kriminalroman um den Berufsverbrecher Wyatt sowohl die Logik globaler Finanzströme mit ein wie auch die Folgen des Afghanistankrieges, an dem australische Regimenter teilnahmen. Ehemalige Soldaten und Scharfschützen sind längst kriminell geworden, und Nick Lazar, der einen Sicherheitsdienst leitet, versucht mit ihrer Hilfe, an Wyatts Auftraggeber Kramer zu kommen.
Große Gefahr
Nach jahrelangem Dienst hat keiner von ihnen etwas vorzuweisen: „desaströse Privatleben; kein Durchhaltevermögen im Job; Depression; Sucht; Suizid.“ Und die Bereitschaft, für alte Kameraden alles zu riskieren. Eine komplexe Herausforderung und große Gefahr für Wyatt, und wie immer muss er alle Ressourcen an Effizienz und Erfindungsreichtum einsetzen. Ihn dabei zu begleiten, wie er auf seine spezielle Weise für ausgleichende Gerechtigkeit sorgt, ist auch diesmal wieder, in Dishers neuntem Wyatt-Roman, ein ungewöhnliches Lesevergnügen: ein Gesetzloser mit Sinn für Charme und Ehre.
(Lore Kleinert)
Garry Disher, *1949, aufgewachsen im ländlichen Südaustralien, schreibt Romane, Kurzgeschichten, Kriminalromane und Kinderbücher, lebt in der Nähe von Melbourne
Garry Disher „Moder“
Ein Wyatt-Roman
übersetzt aus dem Englischen von Ango Laina und Angelika Müller
Pulp Master Berlin 2021, 300 Seiten, 14,80 Euro
eBook 9,99 Euro
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