Siri Hustvedt
Der Sommer ohne Männer
Wo Roman drauf steht, kann noch viel mehr drinstecken...
Die Schriftstellerin Siri Hustvedt ist schon einige Male für eine Überraschung gut gewesen. Vor allem in " Was ich liebte", "Die Leiden eines Amerikaners" und "Die zitternde Frau", ihren bekanntesten Werken, hat Hustvedt ihr überragendes Können gezeigt. Sie kann plotten und großartige Spannung erzeugen, ihre Themen sind Kunst und Psychologie, Philosophie und Psychoanalyse, Familie und Feminismus - und sie kann unglaublich witzig schreiben.
Vollbusige "Pause"
Eine Mischung aus alledem ist ihr neues Buch "Der Sommer ohne Männer", in dem die New Yorkerin Mia, eine mäßig erfolgreiche Dichterin, nach 30 Jahren Ehe mit etwas konfrontiert wird, was vielen Frauen passiert: Mias Mann Boris verkündet, er brauche "eine Pause", und sehr schnell stellt sich heraus, dass die Pause Französin, vollbusig und 20 Jahre jünger ist.
Mia dreht durch, übersteht die schlimmste Krise in der Psychiatrie und beschließt, anschließend ihre alte Mutter in Minnesota zu besuchen, wo sie einen "Sommer ohne Männer" verbringen wird.
Sie trifft auf einen Kreis alter Frauen, die sich mit dem nahenden Ende des Lebens auseinandersetzen müssen, auf ein Grüppchen junger Mädels, für die sie einen Lyrik-Ferienkurs gibt, auf die neue Nachbarin Lola mit ihren kleinen Kindern; sie trifft sich mit ihrer Tochter, Ehemann Boris ist weit weg, und die Frage, ob er jemals wieder näher heranrücken wird, stellt sich erstmal nicht ...
Jungsein und Älterwerden
Siri Hustvedt schreibt mit Klugheit, lakonischem Witz und großer Leichtigkeit aber (auch) über schmerzvolle Lebensthemen. Wie sich Mobbing, Ausgrenzung und Zickenkrieg unter 13jährigen anfühlen, wie erwachsene Frauen mit Untreue, Gewalt und Kinderkriegen fertig werden, wie alte Frauen sich langsam vom Leben verabschieden, auch von den nicht ausgelebten Anteilen: Weibliche Lebenslagen aller Art sind es, mit denen die Hauptfigur Mia in "Der Sommer ohne Männer" zusammentrifft.
Schnipsel mit Kopf und Herz
Frau Hustvedts Roman ist ein wunderbares Schnipselbuch, das voller Einfälle steckt, mal ist das ein eingeschobenes Gedicht, mal ein Ausflug in die Philosophie der Antike; mühelos springt sie von der Kunst ins Leben und wieder zurück. Mal Roman, mal Essay, mal eine Hommage an das Alter, mal ein empathischer Blick auf die Jugend, mal traurig, mal komisch:
Der Sommer ohne Männer ist ein Buch mit Herz und Kopf. Übrigens auch für Männer - falls sie sich für das Leben von Frauen interessieren.
(Gabi von Alemann)
Siri Hustvedt *1955 in Northfield, Minnesota/USA, amerikanische Schriftstellerin
Siri Hustvedt "Der Sommer ohne Männer"
Rowohlt Verlag 2011, 256 Seiten, 19,95 Euro
Taschenbuch 8,99 Euro, eBook 7,49 Euro, Audiobook 24,95 Euro
Weitere Buchtipps zu Siri Hustvedt
Die Leiden eines Amerikaners
Die gleißende Welt