Friedrich Ani
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Einsame Menschen: Die Leiterin des Detektivbüros Liebergesell denkt an ihren Sohn, der vor 10 Jahren entführt und ermordet wurde. Über die Echos ihrer schmerzlichen Erinnerung hat sie ebenso wenig Macht wie ihr Ermittler Tabor Süden, der nicht nur mit seinem toten Vater spricht, sondern auch und vor allem mit seinem Freund Martin, der seinem Leben vor Jahren ein Ende setzte und nun auf demselben Friedhof ruht wie Südens Vater.
Kalt und einsam
Auch die neue Klientin der Detektei ist einsam, doch als die Journalistin die Detektive mit der Aufgabe betraut, ihren verschwundenen Freund zu finden, kommt Misstrauen auf: Etwas an dieser Frau wirkt abweisend, kalt und seltsam. Bei der Ermittlung stoßen Süden und seine Kollegen rasch auf Ungereimtheiten. Der Taxifahrer wird offenbar auch von anderen gesucht, und Süden vermutet, dass Staatsschützer und LKA ihre Finger im Spiel haben.
Ins Koma geprügelt
War der verschwundene Mann in der rechten Szene undercover eingesetzt worden? Und welche Rolle spielt seine Freundin, die scheinbar unbescholtene Journalistin, die so nette Kinderfeste für junge Mütter organisiert?
"Die Leute – sogar ihr Vater – hatten sie Zeit ihres Lebens immer wieder unterschätzt und sich später über ihre Entschlossenheit, ihre Triumphe gewundert. Auch wenn sie keine Mutterschaft vorweisen konnte, war sie eine Frau mit eisernem Herzen, wie Ulrike Meinhof, die sie bewunderte und eine Überzeugungstäterin nannte – wie sie selbst eine war."
Als Leonard Kreutzer, der älteste Detektiv der Kanzlei Liebergesell, von rechten Gewalttätern ins Koma geprügelt wird, wagen sich Süden und seine Kolleginnen auf vermintes Gelände vor und geraten selbst in Lebensgefahr.
Rechte Drahtzieher
Friedrich Ani beschreibt, wie jeder von ihnen seinen Schmerz mit sich selbst ausmacht und sich die kleine Gruppe doch unbeirrt weiter bewegt – gegen alle Widerstände der rechten Drahtzieher, des LKA, das in den eigenen Kompetenzwirren verstrickt ist, der Geheimdienste, deren Unfähigkeit und Undurchlässigkeit jedes effektive Handeln des Staates konterkarieren. Und dann schließt sich auch der Kreis zur Entführung des Kindes von Südens Chefin vor 10 Jahren.
"Ich habe das Gesicht meines Sohnes gesehen, zehn Jahre nach seinem Tod. Ich habe seine Augen gesehen, seine Kleidung und seine gefesselten Hände. Hast du die Botschaft seiner Augen erkannt, Süden? Hast du begriffen, was er uns sagen wollte? Er wollte sagen:..Warum bist du nicht bei mir, Mama?"
Direkter Angriff
Friedrich Ani bringt die verborgenen Gedanken und verschwiegenen Geschichten seiner Personen virtuos zur Sprache, und besonders Tabor Süden kommt sich in diesem düsteren Fall vor "wie ein Verdächtiger und ein Vernehmer in einer Person, zugleich blind und sehend, schuldig und unschuldig". Die Detektive erleben sich als hilflos angesichts einer weitverzweigten rechten Szene, die sich bei Bedarf tarnt und schützt, um dann zu direkten Angriffen auszuholen.
Menschliche Gefühle
Vor allem aber erkundet Ani die Unberechenbarkeit menschlicher Gefühle, die Liebesgeschichten, die die Menschen verwundbar machen und ihre Wege verändern können. Insofern ist dieser Kriminalroman eine Welterkundung ganz eigener Art, jenseits der ausgetretenen Pfade, der Vorurteile und der falschen Gewissheiten. Und die Frage, wer die Untröstlichen trösten wird, bleibt im Universum der einsamen Menschen offen.
(Lore Kleinert)
Friedrich Ani *1959 in Kochel am See, Autor von Romanen, Drehbüchern und Hörspielen lebt in München
Friedrich Ani "M"
Krimi, Verlag Droemer Knaur 2013, 368 Seiten, 19.99 Euro
eBook 17,99 Euro
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"Der Narr und seine Maschine"
"Der namenslose Tag"