Maja Lunde
Die Geschichte des Wassers
Südfrankreich im Jahr 2041: Wüste überall, es ist unerträglich heiß, verheerende Brände vernichten Natur und Existenzen, seit Jahren bleibt der Regen aus. Wassermangel und Dürre treiben die Menschen zu Hunderttausenden in den Norden, wo es das kostbare Nass noch gibt.
Extreme Trockenheit
David ist mit seiner kleinen Tochter Lou auf dem Weg Richtung Norden, sie kommen in einem völlig überfüllten Flüchtlingslager unter, fragen täglich nach Frau und Sohn, die sie unterwegs verloren haben.
"Wir werden sie gleich treffen. Sie sind hier. Anna und August werden im Lager sein. Denn hier wollte Anna hin … Hier gab es Essen und Strom aus Solarzellen. Und nicht zuletzt gab es Wasser. Sauberes, kaltes Wasser aus dem Hahn. Und von diesem Lager aus sollte es möglich sein, weiter nach Norden zu gelangen."
Aber ihre Hoffnung schwindet von Tag zu Tag. Auf Streifzügen in die Umgebung finden sie ein aufgebocktes Boot auf einem verlassenen Grundstück. Der Fluss, auf dem es hierher gesegelt sein muss, ist längst ausgetrocknet.
Gletschereis im Drink
Das ist die zweite Geschichte, aus dem Jahr 2017, die Maja Lunde mit der ersten verknüpft: Die 70jährige Umweltaktivistin Signe belädt ihr Segelboot mit Kisten voller Gletschereis, das darauf wartet, verschifft zu werden, um es ihrem ehemaligen Freund vor die Tür zu kippen.
"Sie holen Eis aus dem Gletscher, reines, weißes Eis aus Norwegen, und vermarkten es als das Exklusivste, was man in einen Drink geben kann, einen schwimmenden Mini-Eisberg, eingetaucht in goldenen Schnaps … Das Eis soll in die Wüstenstaaten transportiert und dort, in der Heimat der Ölscheichs, an die Reichsten der Reichen verkauft werden, als wäre es Gold, weißes Gold."
Eine perverse Vorstellung, der Gletscher, wichtig für das klimatische Gleichgewicht, hat nur noch einen Bruchteil seiner ursprünglichen Größe. In Signes Dorf, in dem sie neben dem Gletscher aufgewachsen ist, haben geldgierige Unternehmer, darunter auch ihre Mutter und ihr einstiger Freund, Land und Natur verkauft, bebaut und vermarktet.
Flucht in die "Wasserländer"
Zwei Geschichten aus der Vergangenheit und aus der Zukunft, erzählt mit realer Perspektive. Was Maja Lunde im Jahr 2041 ansiedelt, ist beileibe keine realitätsferne Katastrophe, sondern zeichnet sich längst als bedrohlicher Klimawandel ab. Maja Lunde beleuchtet das Thema aus sehr menschlicher Perspektive, beschreibt - wie schon in der "Geschichte der Bienen" - das Leid konkreter Personen, das die bedrohliche Entwicklung bis hin zu Anarchie und Kriegen um Wasser nachvollziehbarer machen soll.
Allerdings ist in diesem zweiten Umweltroman der engagierten Autorin vieles eher gut gemeint, wirkt konstruiert, ist arg klischeehaft und relativ schlicht erzählt. Dennoch: Dass sich in gut zwanzig Jahren nicht nur eine Million Menschen für ein besseres Leben auf die Flucht Richtung "Wasserländer" begeben, sondern viele Millionen, das ist trotz aller Klischees ein beklemmendes Szenario.
(Christiane Schwalbe)
Maja Lunde, *1975 in Oslo, Norwegen, Drehbuch-, Kinder- und Jugendbuchautorin
Maja Lunde "Die Geschichte des Wassers"
Roman, btb 2017, 480 Seiten, 20 Euro
eBook 15,99 Euro, Hörbuch 14,89 Euro
Weitere Buchtipps zu Maja Lunde
Der Traum von einem Baum
Battle Jugendbuch
Die Geschichte der Bienen