
Jakob Hein
Wie Grischa mit einer verwegenen Idee
beinahe den Weltfrieden auslöste
Grischa ist noch jung und neugierig, hat die „Hochschule für Ökonomie Bruno Leuschner" als einer der Besten seines Jahrgangs absolviert und sich - nach tränenreichem Abschied von der Mutter - aus Gera in Richtung Berlin auf den Weg in eine vielversprechende Zukunft gemacht. Wir befinden uns im Jahr 1982, Ostberlin.

Will Dean
Die Kammer
„Fünf Minuten bis Mitternacht. Auch jetzt haben wir kein zuverlässiges Zeitgefühl in der Kammer. Auch kein Raumgefühl. Wir leben ein paar Zentimeter von der realen Welt, eurer Welt entfernt, von einer Welt, in der die üblichen Regeln und Gesetze gelten, und doch existieren wir in einer völlig anderen Sphäre…Während der Zeit unter Druck sind wir einerseits unantastbar, andererseits total verletzlich.“

Martin Mittelmeier
Heimweh im Paradies
Thomas Mann in Kalifornien
„Ich brauche Heiterkeit“, schrieb Mann 1938 ins Tagebuch, als Vorsatz, sich von den Zeitläuften nicht zu sehr bedrängen zu lassen.“ Noch lebt er in der Schweiz, doch mit dem Anschluss Österreichs hat die Demokratie in Europa eine weitere Niederlage erlitten, und nach einer langen Vortragsreise durch die USA erholt er sich mit seiner Frau und den Kindern unter kalifornischer Sonne – unter Freunden, die Deutschland schon lange

Anne Enright
Vogelkind
„Wir gehen nicht durch die gleiche Straße wie der Mensch an unserer Seite. Wir können nicht mehr tun als ihm zu sagen, was wir sehen. Wir können auf Dinge zeigen und versuchen, sie zu benennen. Wenn wir es geschickt anstellen, erlebt unsere Begleitung die Welt auf eine neue Weise, und dann kommt es zu einer echten Begegnung.“

Igiaba Scego
Kassandra in Mogadischu
Es geschieht am letzten Tag des Jahres 1990 – Bilder aus Somalia flimmern über den Fernsehbildschirm: „Es war das erste Mal, dass ich den Namen meines Herkunftslandes, des Landes, in dem meine Eltern geboren waren, im Fernsehen hörte. Normalerweise kümmerte sich das Fernsehen nicht um uns. Ein bisschen so wie heute. Auch heute kümmert es sich nicht um uns. ... Ich weiß nicht, ob ich eher Verwunderung empfand oder Schreck.

Han Kang
Unmöglicher Abschied
Sie leidet unter Alpträumen, immer wieder erscheinen ihr schwarze Baumstümpfe auf einem Acker, dahinter das Meer, Schnee fällt, das Wasser steigt. Ein Friedhof denkt sie, die Träume wurden vielleicht ausgelöst durch ihr Schreiben über Folter und Völkermord. Über das Massaker während der Studentenunruhen in Gwangju.

Julia Schoch
Wild nach einem wilden Traum
„Ohne Vergessen gäbe es keine Geschichten. Sie sind das, was übrig bleibt. Wie die Spitze eines Eisblocks, die aus dem Wasser ragt, treiben sie dahin, einfach und scheinbar richtungslos. In Wirklichkeit aber wird ihr Kurs sehr wohl bestimmt, allerdings sehr weit unten, in einer Tiefe, die allen Blicken entzogen ist.“

Colum McCann mit Diane Foley
American Mother
2014 - Zwei Anrufe, zwei Hinweise, dann ein Link – Diane Foley rechnet nicht mit dem Schock, den sie erleben wird, denn sie hofft seit Jahren darauf, dass ihr Sohn Jim aus der Geiselhaft syrischer Terroristen befreit wird. Aber was sie dann völlig unvorbereitet trifft, ist das grauenvolle Foto ihres enthaupteten Sohnes.

Leon de Winter
Stadt der Hunde
„Sein technisches Wissen über das Gehirn war exemplarisch, er gehörte zu den hundert besten Neurospezialisten der Welt, aber die Eigenarten der elektrochemischen Wunder, die sich darin abspielten und zu Vorstellungen von kosmischem Gleichgewicht und Ungleichgewicht führten, blieben für ihn und seinesgleichen letztlich unbegreiflich.“

Caroline Peters
Ein anderes Leben
Drei Töchter, drei Väter und eine Mutter: Hanna. Sie hat mit ihren drei besten Freunden studiert, Lexika verkauft, sie dann nacheinander geheiratet und von jedem eine Tochter bekommen. Familienplanung? Ein Fremdwort wie "Patchworkfamilie", die in den 60er und 70er Jahren gesellschaftlich nicht akzeptiert war. Aber Hanna ist anders, sie schert sich nicht um Konventionen.

Christoph Ransmayr
Egal, wohin, Baby
„Aber was für ein triumphaler, nicht nur in der Welt des Verbrechens, der großen und kleinen Fluchten, standesamtlicher Rituale und des Betrugs gepflegter, revolutionärer Akt, diesen verliehenen Namen abzustreifen, sich selbst noch einmal und neu zu taufen! Und sich so in eine Gestalt des eigenen Willens zu verwandeln: Ich nicht als ich.“

Joachim Meyerhoff
Man kann auch in die Höhe fallen
Beliebtes Fast Food von Mutter Meyerhoff: Der Döner vom Bahnhofskiosk und die Currywurst am Strand – Auto fährt sie ebenso rasant wie leichtsinnig und verspricht „Die grüne Hölle wartet bereits auf dich.” Gemeint ist ein riesiger Garten, in dem die 86jährige mit Hingabe gräbt, pflanzt, mäht, Unkraut jätet, Bäume und Büsche stutzt, Gäste empfängt und Graureiher mit dem Luftgewehr erschreckt.

Anne Tyler
Drei Tage im Juni
„Dieser Job steht und fällt mit der Sozialkompetenz, das weißt du genau! Und dass soziale Interaktion noch nie deine Stärke war, bestreitest du selbst wohl als Letzte.“ Als Gail Baines das Zimmer ihrer Chefin, der Direktorin einer privaten Mädchenschule an diesem Freitag betritt, rechnet sie mit einer Plauderei. Als sie herausstürmt, lässt sie ihren gut dotierten Job als Stellvertreterin hinter sich, denn eine Degradierung wegen ‚sozialer Inkompetenz‘ kommt nicht

Véronique Ovaldé
Wütendes Mädchen auf einer Steinbank
„Manchmal gerät die Welt aus den Fugen…das Resultat ist Zusammenbruch, das Resultat ist Schrecken, und der Schrecken währt lange, er löscht alles aus.“ Die Welt der achtjährigen Aida gerät aus den Fugen, als ihre jüngste Schwester Mimi in einer Karnevalsnacht verschwindet.
